Seit Samstag, 9.53 Uhr, ist es amtlich: Aachen hat einen neuen Bischof. In diesem Moment nämlich nahm Helmut Dieser, vormals Weihbischof im Bistum Trier, auf der "Kathedra" Platz, dem Bischofsstuhl im Aachener Dom. Damit hat Deutschlands westlichstes Bistum nach elf Monaten einen Nachfolger von Bischof Heinrich Mussinghoff (75). In einem feierlich-heiteren Gottesdienst vor rund 1.000 Gästen wurde der 54-jährige Dieser als neuer Oberhirte eingeführt - buchstäblich mit Pauken und Trompeten.
Denn auf die offizielle "Inbesitznahme" der Diözese durch Dieser erklang die neue "Bischofsfanfare" von Alexander Reuber. Fünf Minuten lang hatten die Gottesdienstbesucher Gelegenheit, dem historischen Moment in dem vor über 1.200 Jahren erbauten Weltkulturerbe nachzuspüren. Diesers Familie, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sowie viele weitere Vertreter aus Politik und Kirche waren dabei. Unter den zahlreichen Bischöfen waren auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, Kölns Alterzbischof Kardinal Joachim Meisner sowie Weihbischof Elkin Fernando Alvarez Botero von Aachens kolumbianischer Partnerkirche. Ebenso waren Vertreter der evangelischen und orthodoxen Kirchen anwesend.
Woelki reichte den Bischofsstab
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki als Metropolit der Rheinischen Kirchenprovinz übernahm die Einführung, indem er Dieser zur Kathedra führte und ihm den Bischofsstab reichte. Anschließend nahm Dieser die Glückwünsche von rund 20 Bischofskollegen sowie von Frauen und Männern aus Verbänden und Institutionen des Bistums entgegen. Und in seiner ersten Predigt als Diözesanbischof ließ der Mann mit den freundlichen Gesichtszügen etwas von seiner Programmatik aufblitzen.
"Orientierung ist gefragt, mehr denn je!", sagte der aus Neuwied bei Koblenz stammende Seelsorger. Trotz vermeintlich geplatzter Träume eines vereinigten Europa, trotz "Verlusten, Defiziten oder Rückschlägen" in der Kirche seien Zuversicht und mutiges Handeln gefragt - und zwar "gemeinsam".
Dieser will das "Synodale"
Ein Appell, der zur Grundhaltung des promovierten Theologen passt.
Denn Dieser spricht sich immer wieder für das "Synodale" in der Kirche aus, also das gemeinsame Wirken von Klerikern und Laien. In eingängiger, klarer Sprache kritisierte er "Kirchen-Bashing", warnte vor Panikmache und forderte ein "Weiterwachsen" in der Gewissheit des Glaubens an Christus. Eindrücklich warb der neue Bischof um die Mitwirkung jedes einzelnen Kirchenmitglieds; sie alle seien "unverzichtbar". Wie einige Male in dem gut zweistündigen Pontifikalamt brandete Beifall auf.
"Kann man mit leben"
Genau wie eingangs, als der Apostolische Nuntius, Erzbischof Nikola Eterovic, Altbischof Mussinghoff für sein über 20 Jahre langes Wirken in Aachen dankte. Auch Weihbischof Karl Borsch, der nach Mussinghoffs Rücktritt im Dezember die Diözese übergangsweise leitete, erhielt Beifall von den Gottesdienstbesuchern. Und beim Verlesen des päpstlichen Ernennungsschreibens für Dieser durch Botschafter Eterovic stellte sich heraus, dass der neue Aachener Bischof den zweiten Vornamen "Karl" trägt - in der Stadt Karls des Großen sicher kein Nachteil.
Hier seien ihm von Anfang an Vertrauen und Freundlichkeit entgegengebracht worden, berichtete der Bischof abschließend. Bei seinem ersten Besuch in Aachen nach der Ernennung Ende September sei er auch mit "zwei gut gelaunten Frauen mittleren Alters" ins Gespräch gekommen. Im Weggehen habe er dann deren Kommentar gehört "Kann man mit leben", zitierte Dieser - und erntete Lacher in der Gemeinde.
"Das trifft's für mich auf den Punkt", fügte er hinzu. "Genauso möchte ich Bischof sein: als einer, mit dem man leben kann", betonte Dieser. An seine rund 1,1 Millionen Bistumsmitglieder appellierte er: "Nur, wenn Sie mit mir leben können und wollen, kann ich Bischof mit Ihnen sein."