Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sagte in seiner Trauerrede: "Deutschland hat einen Staatsmann verloren, Europa hat eine Säule verloren, Frankreich hat einen Freund verloren."
Schäuble war am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtstag, im Alter von 81 Jahren in Offenburg gestorben. Der CDU-Politiker gehörte in den vergangenen Jahrzehnten zu den einflussreichsten Politikern Deutschlands und Europas. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas betonte, dass Schäuble über die Parteigrenzen hinweg zu einer Instanz geworden sei. Sie erinnerte auch an Schäuble als den Architekten der deutschen Einheit.
Bundespräsident und Bundeskanzler bei Gedenkfeier
An der Trauerfeier nahmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier - der Schäubles Frau Ingeborg zu Beginn hineinbegleitet -, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie weitere Vertreter der Verfassungsorgane teil. Auf den Rängen über dem vollen Plenarsaal verfolgten zahlreiche deutsche wie internationale Ehrengäste aus Politik, Gesellschaft und Kultur die Gedenkfeier.
Schäuble war von 1972 bis 2023 insgesamt 51 Jahre lang ununterbrochen Bundestagsmitglied und bei seinem Tod der dienstälteste Abgeordnete.
Von 2017 bis 2021 war er Bundestagspräsident. In den Regierungen von Helmut Kohl und Angela Merkel (beide CDU) gehörte Schäuble mehrmals dem Kabinett an, unter anderem als Chef des Kanzleramtes, als Finanz- sowie als Innenminister.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz ging als persönlicher Freund nochmals die politischen Stationen Schäubles durch und hob zugleich auf dessen große Leidenschaft für das Fußballspiel ab. Für Schäuble seien seine badische Heimat und der Wahlkreis stets Bezugspunkt geblieben, betonte Merz.
Mit Blick auf die Verdienste um die Wiedervereinigung sagte Merz, Berlin sei für Schäuble "vor allem das Symbol für Einheit und Freiheit, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, für das ganze Deutschland" gewesen. Ferner erwähnte er Schäubles Leistungen für die Islamkonferenz und die Integration der Migranten sowie die Finanzstabilität.
Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft
Macron stellte Schäubles Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft und die europäische Einheit in den Mittelpunkt seiner Rede. Schäuble habe die Wiedervereinigung Deutschlands im Rahmen der europäischen Integration vorangetrieben.
Auch jetzt müsse Europa nach der "Zeitenwende" mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in diesem Sinne weitergedacht werden. Der Lebensweg "dieses großen Deutschen und dieses großen Europäers" zeige, dass er die Veränderung seines eigenen Landes und des europäischen Projekts von jeher als ein Ganzes verstanden habe.
Die deutsch-französische Freundschaft sei für Schäuble dabei die Hüterin dieses Projekts gewesen. Am Ende seiner Rede beschwor der französische Staatspräsident in diesem Sinne die Freundschaft beider Länder und die europäische Einheit als Vermächtnis Schäubles.
Religionsvertreter würdigen Schäuble bei Gedenkgottesdienst
Zuvor haben Vertreter der Kirchen und Religionen am Montag bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom den verstorbenen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble als überzeugten Christen und hingebungsvollen Demokraten gewürdigt. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, sagte: "Er war ein Antipopulist und ein Mensch, der sich ganz und gar, mit all seiner Kraft, Leidenschaft und Hingabe in den Dienst unseres Gemeinwesens und unserer Demokratie gestellt hat." Im Anschluss an die Feier soll der Trauerstaatsakt im Plenarsaal des Deutschen Bundestages stattfinden.
Der Gottesdienst wurde von Domprediger Stefan Scholpp gemeinsam mit dem katholischen Prälaten Karl Jüsten und Vertretern anderer Religionen gestaltet, sowie dem Staats- und Domchor Berlin. An der Feier nahmen neben Familienangehörigen, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weitere Spitzenvertreter aus Parlament, Regierung, Politik, Justiz und Gesellschaft teil.
Nach den Worten der EKD-Ratsvorsitzenden hat Schäuble "als gläubiger Protestant gelebt und gehandelt". Dabei sei für ihn Martin Luthers Einsicht leitend gewesen, Glaube und Politik zu unterscheiden. Ihm sei auch aus eigener Erfahrung klar gewesen: "Der Mensch ist nie allein, er ist angewiesen, von Geburt an bis zum Tod." Als langjähriger Bundesminister habe er sich "als Dialogiker par excellence" erwiesen. Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber erinnerte an die Einführung der Islamkonferenz durch Schäuble.
Dabei hätten sich in besonderer Weise "nüchterne Einsicht und visionäre Kraft" verbunden. Der Rabbiner Andreas Nachama dankte Schäuble im Namen der jüdischen Gemeinde. Ein Vertreter der islamischen Gemeinschaft las Verse aus dem Koran vor.
Jüsten würdigte die "große ökumenische Gesinnung" Schäubles. Er habe "immer ein offenes Ohr und viel Wertschätzung für die katholische Kirche, für ihre Glaubenspraxis, ihre Theologie und für ihre Anliegen" gehabt. Er versicherte den Angehörigen des Gebets der Kirche und dankte für Schäubles Wirken zum Wohle Deutschlands, Europas und der ganzen Welt.