Mit einem Trauergottesdienst haben Familie und Wegbegleiter am Freitag Abschied von dem gestorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble genommen. An der Feier in der evangelischen Stadtkirche in seiner Heimatstadt Offenburg nahmen rund 400 Gäste teil. Neben Schäubles Frau Ingeborg und seinen vier Kindern waren auch zahlreiche Politiker dabei, darunter Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz.
Weitsichtiger Europäer
Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren in Offenburg gestorben. Er gehörte in den vergangenen Jahrzehnten zu den einflussreichsten Politikern Deutschlands.
Landesbischöfin Heike Springhart würdigte ihn als weisen Staatsmann und weitsichtigen Europäer. "Wolfgang Schäuble war ein unabhängiger Geist, der sich nicht vor Auseinandersetzungen scheute, aber er war kein Einzelkämpfer. Er war unerschrocken – auch angesichts der Endlichkeit des Lebens", sagte sie in ihrer Predigt.
Kraft im verletzlichen Leben
Springhart ging auch auf das Attentat im Jahr 1990 ein, bei dem ein psychisch kranker Mann auf Schäuble schoss und in dessen Folge er im Rollstuhl sitzen musste. "Wolfgang Schäuble hat sich selbst und uns allen gezeigt, was möglich ist und welche Kraft im verletzlichen Leben steckt."
Kretschmann lobte Schäubles politisches Geschick, seine Ausdauer, seine Überzeugungsstärke und seine Urteilskraft, die er immer sehr bewundert habe. "Mit Wolfgang Schäuble verliert unser Land eine ganz große politische Persönlichkeit."
Tiefe Spuren
Merz hob hervor: "Wolfgang Schäuble hat Entscheidungen getroffen und dabei tiefe Spuren hinterlassen." Als Beispiele nannte er die deutsche Einheit, die Verlagerung der Hauptstadt von Bonn nach Berlin, die Einrichtung der Islamkonferenz und die Eurorettung. Schäuble habe auch ihn ganz persönlich geprägt, so Merz. "Ohne ihn stände ich heute nicht hier."
Besonderer Platz im Himmel
Schäubles Tochter, Christine Strobl, sagte, ihrem Vater sei es immer wichtig gewesen, dass sein Rollstuhl in der Öffentlichkeit keine Rolle gespielt habe. "Die demokratische Auseinandersetzung, das Werben um politisches Vertrauen war ihm wichtiger als das persönliche Schicksal." Ganz sicher sei im Himmel ein besonderer Platz für ihn reserviert. "Da müssen schließlich auch weltpolitische Probleme gelöst werden."
Vor dem Altar war Schäubles Sarg aufgebahrt. Davor stand ein großes Herz mit roten Rosen und der Aufschrift "Deine Ingeborg". Nach dem Gottesdienst trugen Soldaten den Sarg aus der Kirche. In einem Trauerzug durch Offenburg wurde er zum Waldbachfriedhof geleitet, wo der frühere Politiker beigesetzt werden sollte.
Trauerstaatsakt Ende Januar
Schäuble war seit 1972 ununterbrochen Bundestagsmitglied und bei seinem Tod der dienstälteste Abgeordnete. Von 2017 bis 2021 war er Bundestagspräsident. Er gehörte mehrmals der Bundesregierung an, unter anderem als Chef des Kanzleramtes, als Finanz- sowie als Innenminister. Die Berliner Politik will sich mit einem Trauerstaatsakt am 22. Januar im Bundestag von Schäuble verabschieden.