Kirchenvertreter und Gewerkschaften rufen in Brasilien zu Massenprotesten gegen die Abschaffung von Arbeitnehmerrechten und den Abbau von Sozialversicherungen auf. Für Freitag sind landesweite Arbeitsniederlegungen geplant, im April soll es sogar zum Generalstreik kommen.
Wirtschaftskrise nur Vorwand
"Die brasilianische Regierung unter Präsident Michel Temer benutzt die Wirtschaftskrise als Vorwand, um die Arbeitnehmerrechte einzuschränken", zeigte sich der Brasilien-Referent des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Norbert Bolte, am Donnerstag in Essen überzeugt. "Unter der geplanten Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der Aushöhlung der Sozialversicherungen leiden die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Armen, die Jugend - also all diejenigen, die heute schon am Rand der Gesellschaft leben", so Bolte.
Unternehmen sollen einem in der vergangenen Woche verabschiedeten Gesetzentwurf zufolge auch die Arbeitsbereiche an Subunternehmer auslagern können, die zu ihrem Kerngeschäft gehören. Brasiliens Gewerkschaften und Kirchenvertreter befürchten die rasante Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen, sinkende Löhne und die Abschaffung des Arbeitsschutzes. Außerdem soll das Renteneintrittsalter deutlich angehoben werden. Soziale Errungenschaften wie eine staatliche Rente für Landarbeiter, die teils als Leibeigene auf den Plantagen geschuftet hätten, würden wohl ebenfalls den Reformen der brasilianischen Regierung zum Opfer fallen, so der Adveniat-Experte.
Brasiliens Bischöfe rufen zum Widerstand auf
Für die Wahrung der erkämpften Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern hat sich auch die Kirche ausgesprochen. Brasiliens Bischöfe rufen in einer gemeinsamen Stellungnahme alle Menschen guten Willens zum Widerstand auf. Geringere Löhne, weniger Vergünstigungen, längere Anfahrtswege und kurzfristige Verträge seien die Folge einer systematischen Demontage des Arbeitnehmerschutzes, erklärte Arbeiter-Bischof Reginaldo Andrietta.