Aktion #da.nach.gedacht will Gespräche zum Thema Tod anstoßen

"Den Tod ins Leben holen"

Ein Sarg als Gesprächsöffner? Sabine Höring ist mit einem weißen Sarg durch Leverkusen gefahren und hat ihn an verschiedenen öffentlichen Orten aufgestellt. Eine skurrile Idee, die Gespräche ins Rollen bringen sollte.

Autor/in:
Lara Burghardt
Bei der Themenwoche #da.nach.gedacht in Leverkusen haben die Veranstalter einen Sarg an belebte Orte in der Öffentlichkeit gestellt.  / © Tobias Wolf (privat)
Bei der Themenwoche #da.nach.gedacht in Leverkusen haben die Veranstalter einen Sarg an belebte Orte in der Öffentlichkeit gestellt. / © Tobias Wolf ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie sind für Ihre Themenwoche "#da.nach.gedacht" mit einem Sarg durch Leverkusen gefahren und haben ihn an verschiedene öffentliche Orte getragen. Wie ist diese skurrile Idee entstanden und wie waren die Reaktionen dazu? 

Sabine Höring (Katholisches Bildungsforum Leverkusen) Die Idee der Woche ist es, den Tod ins Leben zu holen, ihn nicht an die Wand zu drängen, sondern ihn wieder mitten ins Gespräch zu bringen und sich auch damit auseinanderzusetzen. Tatsächlich betrifft das jeden von uns irgendwann und jeder hat auch Angehörige oder Haustiere, von denen man sich verabschieden muss. 

Da wollten wir ein Zeichen setzen und das Thema zurück ins Leben holen. Deshalb haben wir, symbolisiert mit dem Sarg, den Tod ins Leben geholt und ihn an belebte Orte gestellt. Es ist eine tolle Erfahrung gewesen, weil es ein sehr guter Gesprächsanlass war.

Auf dem Kreisverkehr hätten wir fast Unfälle verursacht, an der Bushaltestelle blieben die Leute sofort stehen und haben uns ihre Geschichte und ihre Gedanken dazu erzählt. Das heißt, das Thema ist irgendwie in der Gesellschaft, aber man findet keinen Ort, darüber zu sprechen. Das möchten wir in der Themenwoche ändern. 

Sabine Höring

"Vieles verliert seine angstmachende Wirkung, wenn man gut vorbereitet ist."

DOMRADIO.DE: Warum ist es denn gerade so wichtig, über Tod und Trauer zu sprechen? 

Höring: Vieles verliert seine angstmachende Wirkung, wenn man gut vorbereitet ist. Wir können zuversichtlicher zu dem letzten Lebensabschnitt gehen und offener auf Menschen zugehen, die es betrifft. Damit wir vielleicht besser mit zu pflegenden Angehörigen umgehen können oder mit älteren Menschen. 

Wenn man vorbereitet ist und wenn man sich Gedanken gemacht hat zu den Fragen "Was möchte ich denn für mich?" und "Wie möchte ich das gestalten?", dann ist man einfach zuversichtlicher.

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns mal über diesen Namen der Themenwoche sprechen. Was bedeutet denn "da.nach.gedacht"? 

Höring: Das Thema ist so vielschichtig und kann von so vielen Punkten gedacht werden. Mit diesen Punkten zwischen den einzelnen Worten "da.nach.gedacht" kann man alles auch anders zusammenwürfeln. 

Man könnte es anders betonen: Da nachgedacht, danach gedacht, da gedacht oder nachgedacht. Damit man alles in einem kurzen, schmissigen Wort zusammenpackt, haben wir einfach Punkte dazwischen gesetzt. 

DOMRADIO.DE: Es gibt einen Programmpunkt, den fand ich sehr spannend. Der nennt sich nämlich der "Letzte-Hilfe-Kurs". Was kann man sich denn darunter vorstellen? 

Höring: Im "Letzte-Hilfe-Kurs" bekommt man Anleitung, wie man mit Menschen in der letzten Lebensphase oder in den letzten Lebenstagen umgehen kann. 

Was ist hilfreich? Wie kann man den Menschen begegnen? Welche Fragen kann man stellen? Ruft man auf, sich segnen zu lassen? Was fragt man? Was fragt man besser nicht? Wie verhält man sich? Einfach um Sicherheit zu geben und zu bekommen, wie man mit älteren Menschen oder mit Menschen in der letzten Lebensphase umgeht.

Sabine Höring

"Der Glaube gibt uns die Hoffnung, dass es noch weitergeht nach dem Tod und nicht alles zu Ende ist."

DOMRADIO.DE: Wie kann denn der christliche Glaube Halt und Hoffnung auch in Zeiten von Trauer oder Verlust geben? 

Höring: Der Glaube gibt uns die Hoffnung, dass es noch weitergeht nach dem Tod und nicht alles zu Ende ist. Das ist sehr wohltuend, gerade im Tod und Sterben: Dass man eben nicht alleine ist und dass es nicht das Ende ist, sondern da noch etwas kommt. 

Alle Veranstaltungen thematisieren offen diese Hoffnung oder das Fehlen dieser Hoffnung. Was bedeutet es denn, wenn ich diese Hoffnung nicht habe? Was bedeutet es, wenn ich mir diese Hoffnung verweigere? Womit muss ich rechnen? 

DOMRADIO.DE: Als Sie an dieser Idee gefeilt haben, hatte da irgendjemand der Projektpartner Sorge, dass es schiefgehen könnte oder dass Leute erbost darüber sind? 

Höring: Wir haben uns selber keine Sorgen gemacht. Man muss sagen, dass Pfarrer und Hospizmitarbeiter relativ gewöhnt sind an den Anblick. Es war überraschend, wie viele Reaktionen es gab. Ich persönlich bin davon ausgegangen, dass viele Leute einfach vorbeigehen und das gar nicht merken. 

Aber tatsächlich ist ein Sarg ein Haltepunkt. Man bleibt stehen. Man kommt zur Ruhe, man sortiert sich und fragt auch. Dieser Sarg ist sehr Gesprächs-öffnend. Viele fragen: Ist da noch einer drin? Habt ihr einen vergessen? Es waren ganz interessante Sachen über den Tod.

Das Interview führte Lara Burghardt.

Quelle:
DR