DOMRADIO.DE: Warum beteiligen Sie sich in Fulda an der "Red Wednesday"-Woche?
Steffen Jahn (Leiter Dezernat Weltkirche, Bistum Fulda): Wir wollen hier im Bistum Fulda mit dem rot angestrahlten Dom ein Signal setzen für das Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Das wird, wie einige Studien belegen, in vielen Staaten dieser Welt verletzt, obwohl es fest in der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert ist.
Betroffen davon sind Mitglieder aller Religionsgemeinschaften: Christen, Juden, Muslime und Atheisten. Hier im Bistum Fulda sind wir sehr aktiv beim Thema Religionsfreiheit. Wir haben viele Veranstaltungen und Workshops in Schulen oder Ausstellungen mit spannenden Gästen aus aller Welt, die uns von ihrer Situation in ihrem Heimatland berichten.
DOMRADIO.DE: Der Fuldaer Bischof Gerber rief zum Auftakt am Montag dazu auf, sich für die Würde des Menschen einzusetzen und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen und der Völker zu achten. Wie prekär ist die Lage aktuell und wie wichtig ist es, auf verfolgte Christen hinzuweisen?
Jahn: Es ist sehr, sehr wichtig. Die Bundesregierung gibt jährlich einen Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit heraus. Auch "Kirche in Not" gibt einen Religionsfreiheitsbericht heraus und wenn ich die aktuellen Berichte richtig interpretiere, bescheinigen beide ganz eindeutig, dass sich die Lage der Religionsfreiheit in vielen Ländern massiv verschlechtert hat. "Kirche in Not" spricht sogar von einem Drittel der Länder weltweit.
Das betrifft Christinnen und Christen, wie auch Mitglieder anderer Religionsminderheiten. Ich finde es ganz wichtig, dass wir als katholische Kirche auf diese Situation hinweisen. Dafür gibt es Hilfswerke wie "Kirche in Not" oder Missio, die sich mit ihren Kampagnen für diese Menschen einsetzen und stark machen, wie eben auf das Menschenrecht Religionsfreiheit.
DOMRADIO.DE: Der "Red Wednesday" wurde 2015 in Rio de Janeiro ins Leben gerufen. Da wurde die Christusstatue rot angestrahlt. Seitdem sind neun Jahre vergangen und das Thema Christenverfolgung ist akuter denn je. Gibt es neue Formen der Bedrohung?
Jahn: Ich glaube, die Qualität hat sich verändert. Laut dieser erwähnten Studien ist es häufiger eine Mischung aus Diskriminierung und Verfolgung. Oft werden ohne Widerstand kritische Gesetze von staatlicher Seite umgesetzt, wie das Anti-Konversionsgesetz in Indien, das deutlich die Religionsfreiheit beschränkt. Das geschieht im Stillen.
Gleichzeitig gibt es gewalttätige Angriffe, die in diesen Ländern zur Normalität werden und nicht geahndet werden. Dieses Zusammenspiel halte ich für höchst bedenklich. Hinzu kommen Maßnahmen wie Wahlmanipulation und Massenüberwachung, wie in China. Das ist eine Entwicklung, die in den letzten Jahren nochmal zugenommen hat.
DOMRADIO.DE: Was können wir tun, um Gläubige weltweit zu unterstützen?
Jahn: Zum einen, würde ich sagen, können wir für diese Menschen beten. In unserem Bistum gibt es Initiativen von Gruppen, die sich regelmäßig treffen, um für die Religionsfreiheit und für die verfolgten Christen weltweit zu beten.
Zum anderen sehen wir es als unsere Aufgabe, auf die Situation der Christen hinzuweisen und aufmerksam zu machen. Die Bildungsarbeit, die wir leisten, tut das. In den vergangenen Jahren gab es durchaus erfolgreiche Petitionen, zum Beispiel in Pakistan, wo auf politischer Ebene Druck erzeugt wurde, was etwas gesellschaftlich in Gang gesetzt hat. Da können wir aktiv mit unterstützen.
DOMRADIO.DE: Bei Ihnen im Bistum Fulda ist heute der Höhepunkt der "Red Wednesday"-Woche. Es gibt einen musikalischen Gottesdienst heute Abend mit der Band "Könige und Priester" im Fuldaer Dom. Was können wir da erwarten?
Jahn: Vor allem einen wunderbar rot beleuchteten Dom. Die ganze Woche habe ich ganz viele Fotos gemacht. Passend zur "Red Week" gibt es ein großartiges Konzert mit "Könige und Priester" heute Abend. Das ist mit 1200 Gästen bereits ausverkauft.
Das alles kann heute stattfinden, weil das Domkapitel in Fulda den Mut hatte, den Dom heute Abend für dieses Popkonzert und diesen großartigen Gottesdienst zu öffnen. Ich freue mich sehr drauf.
Morgen haben wir in der Katholischen Akademie noch eine Ausstellungseröffnung zum Thema bedrängte Christen und sowie einen Diskussionsabend mit Bischof Musa aus Nordnigeria. Wir haben die ganze Woche ein tolles Programm rund um das Thema Religionsfreiheit.
Das Interview führte Carsten Döpp.