Aktuell viele Anfragen nach Kirchenasyl in NRW

"Keine Chance, alle unterzubringen"

In Nordrhein-Westfalen bitten laut dem Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche NRW aktuell viele Menschen um Schutz im Kirchenasyl. Die Zahl der Anfragen steigt seit knapp einem Jahr immer weiter an, hieß es vom Kirchenasyl-Netzwerk.

Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn (KNA)
Symbolbild Kirchenasyl / © Markus Linn ( KNA )

Etwa 220 Anfragen von Geflüchteten lägen den Kirchengemeinden und dem Netzwerk in NRW vor, sagte der Vorsitzende, Pfarrer Joachim Poggenklaß, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Rund 80 Prozent seien Dublin-Fälle, in denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) festgestellt hat, dass ein anderer europäischer Staat für das Asylverfahren zuständig ist.

Steigende Fälle

Beim Kirchenasyl werden Asylsuchende ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet  beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen.

Die Zahl der Anfragen sei seit knapp einem Jahr schon erhöht und steige weiter an, sagte der NRW-Vorsitzende des
Kirchenasyl-Netzwerks. Die betroffenen Geflüchteten stammten vor allem aus Syrien, Irak, Afghanistan und Iran. Geringer sei die Zahl der Menschen aus afrikanischen Ländern.

Realistisch betrachtet bestehe keine Chance, alle Menschen, die aktuell um Kirchenasyl bitten, unterzubringen, sagte Poggenklaß. Hinter den 220 Anfragen stünden mehr Menschen, weil auch Familien dabei seien. Dafür gebe es nicht genügend Kirchengemeinden, die Kirchenasyle durchführten.

Problematisches Dublin-Abkommen

Etliche Staaten des Dublin-Abkommens hielten die internationalen und die europäischen Gesetze nicht ein, sagte Poggenklaß. "Das bedeutet, dass allgemeine Menschenrechte verletzt werden, und zwar erheblich." Das Bundesamt richte sich bei seinen Entscheidungen aber nach der offiziellen Gesetzeslage und kaum nach den tatsächlichen Vorkommnissen, kritisierte er.

So würden Geflüchtete in einigen anderen Staaten etwa unter sehr kritischen Umständen untergebracht, oder in die Obdachlosigkeit entlassen, sagte der Pfarrer. Teilweise gebe es eine schlechte medizinische Versorgung, keine Hilfe bei psychischen Erkrankungen, es gebe körperliche und sexuelle Gewalt gegen Geflüchtete oder Asylverfahren würden nicht ordnungsgemäß durchgeführt. All dies seien Gründe für die Kirchen, den Menschen Kirchenasyl zu gewähren.

Fast alle Fälle von Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben des NRW-Netzwerks mit Sitz in Köln erfolgreich. In den vergangenen zwölf Monaten seien 203 Kirchenasyle beendet worden, davon 200 mit dem angestrebten Ergebnis. Der Erfolg zeige, wie sinnvoll und notwendig der Schutz durch Kirchen sei, sagte Poggenklaß. Aktuell seien in NRW 166 Menschen in 129 Kirchenasylen, darunter 112 sogenannte Dublin-Fälle.

Kirchenasyl

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften vorübergehend Asylbewerber auf, um eine Abschiebung abzuwenden, weil diese für den Flüchtling eine Bedrohung an Leib und Leben darstellt. Schon aus dem vierten Jahrhundert ist bekannt, dass Flüchtlinge in Kirchen Schutz suchten.

Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Schlafsack und ein Rucksack liegen auf einer Kirchenbank. Im Hintergrund steht ein Zelt. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd