Rabbiner Noam Marans, der AJC-Direktor für interreligiöse Beziehungen, übergab Stückl am Mittwochabend den Preis. Gewürdigt werden damit seine "herausragenden Leistungen im interreligiösen Bereich".
Stückl inszenierte 2022 zum vierten Mal seit 1990 die weltberühmten Passionsspiele. Er habe sich "unnachgiebig dafür eingesetzt, antijüdische Bilder und Darstellungen aus der Inszenierung zu entfernen", hieß es. Es bestehe kein Zweifel daran, dass Antisemitismus in Oberammergau keinen Platz habe.
Umsichtige Darstellung des jüdischen Charakters
Seit den 1980er Jahren arbeitet Stückl eng mit dem AJC zusammen, zuletzt auch mit der AJC Oberammergau Academic Advisory Group, die sich aus christlichen und jüdischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Vereinigten Staaten zusammensetzt.
"Stückls bleibendes Vermächtnis wird seine umsichtige Darstellung des jüdischen Charakters und des historischen Kontextes der Person Jesu sein. Das Stück zeigt nicht mehr das veraltete Bild von Juden, die den Gründer des Christentums ermorden", schrieben Rabbiner Marans und der Pastor Peter A. Pettit, Pfarrer an der Sanct Paul Lutheran Church in Davenport, Iowa.
Stückl habe die Inszenierung vor allem durch die Betonung verändert, dass Jesus und seine Jünger Juden waren und er klarstelle, dass nur der römische Statthalter Pontius Pilatus - und nicht die Juden - Jesus zum Tode verurteilen konnten, heißt es. Auch reiste er in Vorbereitung auf die Inszenierung mit den Hauptdarstellerinnen und Hauptdarstellern nach Israel. In das Passionsspiel habe er zudem eine kritische und inzwischen beliebte Szene hinzugefügt, in der Hunderte das Sh'ma Yisrael, das zentrale jüdische Gebet, singen, während Jesus ein Thora-Faksimile in die Höhe hält.
Stückl zeigte sich sichtlich bewegt
Ein sichtlich bewegter Stückl sagte, dass er diesen Preis bekomme, sei keine Selbstverständlichkeit. Bereits als Junge sei er im Gasthaus mit dem Wort "Antisemitismus" konfrontiert worden, doch keiner habe ihm sagen können, was es damit auf sich habe. Auch sein Großvater habe nur gemeint: "Da ist nix."
Bei den Oberammergauern galten um 1970 der Direktor des AJC, Rabbiner Marc Tanenbaum (1925-1992) und der Münchner Kardinal Julius Döpfner (1913-1976) als jene zwei Männer, die das Passionsspiel hätten zerstören wollen, so Stückl. So hatte Döpfner infolge des Konzils-Dokument "Nostra aetate" gefordert, das Spiel zu überarbeiten. Weil die Verantwortlichen dies nicht taten, entzog er ihnen die "Missio canonica". Tanenbaum wiederum nannte Oberammergau einst die "internationale Hauptstadt für religiösen Antisemitismus".
Stückl war in den vergangenen Jahren mehrfach dafür ausgezeichnet worden, das Passionsspiel "weg von christlichem Judenhass hin zu einer ausgewogenen Darstellung innerjüdischer Konflikte" zu machen.
Dafür erhielt er auch die Buber-Rosenzweig-Medaille und den Abraham-Geiger-Preis.