Seelsorgerisch aktive Pflegekräfte feiern Jubiläum

"Anders als es ein Seelsorger kann"

Mit dem Projekt "Begleiterinnen und Begleiter in der Seelsorge" sollen Pflegekräfte die Möglichkeit bekommen sich mehr um die Menschen zu kümmern, die sie pflegen - ohne Zeitdruck, Hetze und Papierkram. Nach zehn Jahren gibt es eine positive Bilanz.

Betreuung mit Fürsorge / © fizkes (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie verbinden seelsorgerische und karitative Zuwendung, so steht es auf der Website zum Projekt. Was machen diese Begleitenden in der Seelsorge konkret?

Karen Pilatzki (Abteilungsleiterin Behindertenhilfe im Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln): Die Begleiterinnen und Begleiter in der Seelsorge sind oft das ganz alltägliche Gesicht vor Ort, in den Einrichtungen. Sie sind sowohl in der Altenhilfe als auch in den Einrichtungen der Behindertenhilfe und in Hospizen tätig.

Dort organisieren sie beispielsweise Andachten, organisieren ganz individuelle Unterstützung in Krisensituationen oder bei kritischen Lebensereignissen, beim Tod von jemandem oder sie gucken, wie die christliche Hauskultur gestaltet wird, in den jahreszeitlichen Festen.

DOMRADIO.DE: Also können wir sagen, diese Begleitenden in der Seelsorge haben das, was Pflegerinnen und Pfleger im Alltag oft fehlt, nämlich Zeit, um einfach auch mal zuzuhören?

Pilatzki: Ja. Das Besondere daran ist, dass es Zeit gibt, die der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zur Verfügung stellt. Eine Freistellung genau für diese Tätigkeit ist sicherlich etwas ganz Außergewöhnliches. Das Erzbistum Köln stellt dazu auch eine Freistellung, beziehungsweise eine Finanzierung zur Verfügung, um genau diese Tätigkeiten ausführen zu können.

DOMRADIO.DE: Was ist der Unterschied zu den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die die Einrichtungen besuchen?

Pilatzki: Das ganz Besondere ist, dass die Begleitenden in der Seelsorge vor Ort sind, dass ich sie im Alltag erlebe. Wenn sie beispielsweise im Frühdienst erleben, dass es jemandem nicht so gut ging, dann können sie ganz anders auf die Menschen zugehen, als es ein Seelsorger kann, der mit gewissen Zeitfenstern in die Einrichtung fliegt, wieder ausfliegt und ganz viele Menschen zu betreuen und zu unterstützen hat.

DOMRADIO.DE: Das Ganze ist eine Zusatzausbildung für Fachkräfte in der Pflege. Wir wissen nicht erst seit Corona, dass die Pflegekräfte chronisch überlastet sind. Wie funktioniert es denn zeitlich für Pflegekräfte, wenn die Begleitende in der Seelsorge werden?

Pilatzki: Sie werden vom Arbeitgeber freigestellt. Das heißt, das ist ganz normale Arbeitszeit für die Begleitenden in der Seelsorge. Auch für die zwölf Tage, die diese Ausbildung dauert, werden sie freigestellt. Ebenso auch für ein Praxis-Projekt, für Studientage und für Supervision. Denn natürlich ist das etwas Herausforderndes, diese Tätigkeit auszuführen.

DOMRADIO.DE: Corona hat die Situation für die Pflegerinnen und Pfleger noch mal dramatisch verschärft. Was bedeutet das für die Begleitenden in der Seelsorge?

Pilatzki: Deren Stellenwert ist natürlich erheblich höher dadurch geworden. Dadurch, dass Gottesdienste oder ähnliche Feste ausgefallen sind, nicht mehr besucht werden konnten, haben die Begleitenden in der Seelsorge, die ganz normal zum Team der Pflegenden, Betreuenden, der Unterstützer gehören, genau hier ihre Aufgabe erfüllt. Teilweise haben die Einrichtungen auch noch zusätzlich Kapazität zur Verfügung gestellt.

DOMRADIO.DE: Ihr zehnjähriges Jubiläum ist in das Corona-Jahr gefallen, also jetzt 10+1 Jahre. In dieser Zeit gab es bisher 120 Begleiterinnen und Begleiter. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Pilatzki: Wir halten das für eine sehr gute Bilanz, wir sind weiter unterwegs und entwickeln uns auch immer weiter. Mittlerweile hat es auch eine Verbreitung gefunden, dass in allen Bistümern in Nordrhein-Westfalen solche Projekte gestartet sind. Überlegungen stehen und auch andere Bistümer bundesweit wollen solche Konzepte aufgreifen.

Dass es so eine Verbreitung gefunden hat, finden wir super. Wir sind eigentlich ganz stolz, dass wir das so lange auch durchhalten konnten. Denn angesichts der angespannten Bedingungen ist das natürlich etwas Besonderes.

DOMRADIO.DE: Und Sie wollen weitermachen?

Pilatzki: Wir wollen weitermachen und das auch ausweiten, so uns die finanziellen Möglichkeiten angesichts der angedrohten Kürzungen, die überall im Wort stehen, gelingen kann.

Das Interview führte Hilde Regeniter


Quelle:
DR
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