Alles war wie immer am Dienstagabend in der Kirche St. Maron in Beirut. Der Priester inzensiert den Altar. Dann fällt das Licht aus. Die ganze Kirche bebt. Was die Gläubigen nicht sehen: Im Hafen der libanesischen Hauptstadt explodieren tausende Tonnen Ammoniumnitrat. Experten sprechen teils von der größten nicht-nuklearen Explosion aller Zeiten. Hunderte sterben, Tausende werden verletzt, Hunderttausende verlieren ihr Hab und Gut.
Die Gottesdienstgemeinde hatte keine Ahnung, was da passiert, berichtet Pfarrer Marwan Mouwad der Nachrichtenagentur Reuters: "Als ein Mitbruder den Altar gesegnet hatte und sich zu den Gläubigen umgedreht hat, haben wir so etwas wie ein Erdbeben gespürt. Die Kirche hat gebebt, wir haben zur Jungfrau Maria gerufen – und haben gedacht, das Dach fällt uns auf den Kopf, weil es sich angefühlt hat wie ein Erdbeben.“
Nur wenige hundert Meter von der Kirche entfernt explodierten tausende Tonnen Sprengstoff – der Stadtteil rund um den Hafen wird verwüstet. Pfarrer Mouawad sieht sich die Bilder der Überwachungskamera immer wieder an, und kann bis jetzt noch nicht so ganz fassen, was da passiert ist.
"Angst, Horror. Wir waren nicht sicher, ob und wo die Kirche getroffen worden war. Wir wussten nicht, ob es einen zweiten Schlag gibt. Alles was wir wollten, war wegzulaufen. Wir haben einen Weg nach draußen gesucht – oder sollten wir zurück? Zur Seite? Wohin? Aber weil die Glasfenster gebebt haben, sind wir in die andere Richtung gelaufen," erinnert sich der Priester.
Es soll weiter gehen
Auch Tage später zeugt das zerbrochene Glas in der Kirche von der Gewalt der Explosion in Beirut. Auch Krankenhäuser sind getroffen, Wohnhäuser ebenso. Den Mut lassen sich Pfarrer Mouawad und seine Gemeinde aber nicht nehmen: "Wir werden weitermachen. Der ganze Schaden, den ihr gesehen habt, all der materielle Schaden, all das werden wir mit der Hilfe Gottes überstehen. Mit der Hilfe und der Unterstützung der Menschen für die Kirche, werden wir alles wieder aufbauen – besser, als es vorher war."
Finanzielle Unterstützung kommt auch von der katholischen Kirche in Deutschland. Hilfsorganisationen und Bistümer spenden für die Menschen in Beirut. Auch das Erzbistum Köln hilft mit 100.000 Euro.
Gerald Mayer und Renardo Schlegelmilch