Applaus in Messe kann Sternstunde der Liturgie sein

"Liturgie ist in Kultur zuhause"

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner war strikt dagegen, andere Geistliche freuen sich über Applaus im Gottesdienst. Darüber sollte jede Gemeinde für sich selbst entscheiden, meint der Paderborner Liturgiewissenschaftler Stephan Wahle.

Symbolbild: Applaus im Gottesdienst / © Beatrice Tomasetti (DR)
Symbolbild: Applaus im Gottesdienst / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Wenn sich die Freude spontan entlädt, sollte man das auf keinen Fall unterbinden, sondern in diesem Fall das Klatschen als eine Sternstunde von Liturgie begreifen", sagte er im Interview des Portals katholisch.de (Freitag).

Afrikanischer Chor im Petersdom / © Cristian Gennari (KNA)
Afrikanischer Chor im Petersdom / © Cristian Gennari ( KNA )

"Masterpläne oder allgemeine liturgische Vorgaben, die etwa generell für die Weltkirche gedacht sind, finde ich schwierig. Denn Liturgie ist immer in der jeweiligen Kultur zu Hause", fuhr der Theologe fort. So sei das Stampfen mit den Füßen etwa in der Liturgie afrikanischer Länder selbstverständlich, weil man dadurch eine Verbindung zum Himmel und zur Erde herstelle und damit auch die Ahnen in den Gottesdienst einbeziehe, erläuterte er.

Deutsche eher in sich ruhend

"Es gibt unterschiedlichste kulturelle Motive, wie das liturgische Geschehen, die Begegnung mit Gott und untereinander, sinnfällig zum Ausdruck gebracht wird", sagte Wahle. "Unsere deutsche Kultur ist eher eine in sich ruhende. Deshalb haben wir das Gefühl, der Gottesdienst sollte etwas Stilles und Erhabenes sein. In unserer Mentalität verstehen viele das heilige Spiel der Liturgie als erbauend und ruhig, wohingegen andere Traditionen und Kulturen genau dasselbe dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie eine überschäumende Freude zeigen – etwa durch das Klatschen."

Orgel aus der Kathedrale in Bordeaux / © BalkansCat (shutterstock)
Orgel aus der Kathedrale in Bordeaux / © BalkansCat ( shutterstock )

Allerdings gebe es einmalige Ereignisse, etwa eine begeisternde Predigt, die "zu Recht" zu einer spontanen Äußerung wie Beifall führen könnten. "Aber auch das Gegenteil existiert: intensive geistliche Situationen in der Liturgie, in denen man einfach nicht klatschen kann, da sich alles in eine geistliche Stille hüllt. Etwa wenn die Gemeinde so ergriffen von einem Musikstück ist, dass zunächst ein langes Schweigen herrscht."

Routine anders zu bewerten 

In manchen Gemeinden sei es fast eine Verpflichtung, am Schluss der Messe den Musikern oder anderen Beteiligten zum Dank zu applaudieren. "In diesem Fall ist das Klatschen dann nicht mehr eine spontane Äußerung im liturgischen Geschehen, sondern ein konventioneller Akt. Wenn das zur Routine wird und man sich regelrecht genötigt sieht, ebenfalls zu klatschen, kann ich eine Kritik daran nachvollziehen", sagte Wahle. "Aber wenn am Ende des Gottesdienstes der Organist auf einmal ein grandioses Orgelstück spielt, ohne dass man das vielleicht erwartet hat, und dann als Dank Applaus für die Stimmigkeit des liturgischen Orgelspiels aufbraust, hat das aus meiner Sicht wiederum seine Berechtigung."

Liturgie

Liturgie bezeichnet im Christentum und Judentum das Verständnis und die Ordnung der Zeremonien des Gottesdienstes. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt öffentlicher Dienst. Neben der Heiligen Messe gehören dazu beispielsweise Taufe, Trauung oder Bestattung. Die Formen, Regeln und Vorschriften der römischen Liturgie haben sich im Lauf der Jahrhunderte verändert; grundsätzlich legt der Papst sie fest. Dazu zählen etwa die Vorgabe bestimmter Gebete oder Regeln zum Ablauf des Gottesdienstes sowie Form und Farbe von Messgewändern.

Hochgebet auf deutsch / © Harald Oppitz (KNA)
Hochgebet auf deutsch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA