Das Werk entstand 1726 für den ersten Sonntagsgottesdienst nach Trinitatis in Leipzig. "Brich den Hungrigen dein Brot“ ist der Titel des Werkes und ein Zitat aus dem 58. Kapitel des alttestamentlichen Buches Jesaja.
Der Vers stellt eine Art Handlungsmaxime an den Gläubigen dar. Der Hungrige soll zu essen bekommen, derjenige, der keine Kleidung hat, soll welche bekommen – der Chor zu Beginn des Werkes endet mit der Beschreibung der Herrlichkeit des Herrn, die der Gläubige erhält, wenn er so handelt, wie Gott es von ihm verlangt.
Diese Einleitungssinfonie mit ihrer pausendurchsetzten Folge von Akkordblöcken der einzelnen Instrumentengruppen malt unverkennbar die Geste des Brotbrechens.
Mahnung zur Nächstenliebe
An dieses alttestamentliche Wort schließt sich die Mahnung zur Nächstenliebe an. Auch der zweite Teil der Kantate wird durch ein Bibelwort eingeleitet, nämlich ein Zitat aus dem Hebräerbrief: "Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen; denn an solchen Opfern hat Gott gefallen.“ Dann schließt sich der Dank für die empfangenen Gaben an, das Gelöbnis, Nächstenliebe zu üben, und die Bitte, selbst einst von Gott barmherzig aufgenommen zu werden.
Jesus als das Brot des Lebens
Das buchstäbliche tägliche Brot hat für die Christen aber noch eine weitere Bedeutung. Denn im Verständnis der Katholiken gibt sich im gewandelten Brot in der Eucharistie Jesus Christus selber hin. "Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben" – so sagt Jesus im Johannesevangelium.
So erinnert das Ernetedankfest daran, dass der Mensch die Früchte der Erde braucht, um zu überleben – aber im christlichen Verständnis die wahre Rettung erst durch Jesus Christus kommt.
In Musica wird eine eindrucksvolle Vertonung dieses Zitats aus dem Johannesevangelium von Wolfram Buchenberg zu hören sein, außerdem erklingen am Sonntagabend ab 20 Uhr in der Sendung als Wiederholung vom 03. Oktober 2021 von Giovanni Battista Pergolesi die Psalmenvertonung "Confitebor tibi Domine" und von Gustav Mahler Auszüge aus der Sinfonie Nr. 6.