Arme Menschen befragen Papst zu Gott, Geld und Gerechtigkeit

Neues Buch von Franziskus

Wie viel verdient der Papst? Wohin geht das Geld des Vatikan? Warum lässt Gott manche Menschen obdachlos? In seinem neuen Buch beantwortet Franziskus die Fragen von Armen weltweit. Ein Blick in das Werk zum Erscheinungsttermin.

Autor/in:
Anita Hirschbeck
Papst Franziskus trifft Bedürftige (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus trifft Bedürftige (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Müsste man eine Überschrift für die bisherige Amtszeit von Papst Franziskus finden, dann käme sicherlich ein Schlagwort darin vor: Armut. Immer wieder prangert der Papst die ungleiche Verteilung von Vermögen in der Welt an. Immer wieder fordert er Politik, Gesellschaft und jeden Einzelnen zu mehr Einsatz für die Bedürftigen auf.

Immer wieder spricht er sich für eine arme Kirche aus. Schon der Name Franziskus, den sich 2013 der argentinische Erzbischof Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl gab, verweist auf die Armen: Er erinnert an den heiligen Franz von Assisi, der Armut lebte und predigte.

Neues Buch erscheint am Mittwoch

Armut ist auch das Hauptthema von Franziskus' neuem Buch "Ich trage euch in meinem Herzen", das am Mittwoch erscheint. Auf 144 Seiten beantwortet der 86-Jährige die Fragen von armen Menschen aus der ganzen Welt. Für die Umsetzung des Projekts traf ihn eine Gruppe der französischen Obdachlosenhilfsorganisation Association Lazare im Vatikan zum Gespräch. Begleitet wurde sie von neun mittellosen Männern und Frauen, die die zuvor gesammelten Fragen aus allen Teilen der Erde vortrugen.

Papst Franziskus begrüßt einen bedürftigen Mann (Archiv) / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus begrüßt einen bedürftigen Mann (Archiv) / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

Besonders stark sind denn auch die Teile im Buch, in denen es um die Themen Armut und Reichtum geht. Die Frage "Wohin geht das Geld des Vatikan?", die ein Mann aus Chile eingereicht hat, beantwortet der Papst unter anderem so: "Dass Männer der Kirche - Priester, Bischöfe, Kardinäle - in Luxuslimousinen durch die Gegend fahren, statt beispielhaft in Armut zu leben, tut mir weh." An anderer Stelle fügt er hinzu: "Ein reicher Priester ist ein Widerspruch in sich."

Papst kritisiert soziale Verhältnisse

Auf die Frage "Warum lässt Gott mich obdachlos?" eines Polen entgegnet der Papst: "Und warum lassen Sie Gott obdachlos? Gott braucht den Raum Ihres Herzens." Zugleich kritisiert er die sozialen Verhältnisse und ruft zu Veränderungen auf: "Die am Rande der Gesellschaft lebenden Massen müssen sich organisieren und beginnen, neue Forderungen laut werden zu lassen und neue Arbeitsformen zu erfinden."

Der Papst selbst verdient übrigens nichts, wie er auf die Frage einer Frau aus Indien erklärt. Er werde "rundum versorgt", und wenn er etwas brauche, müsse er nur danach fragen. Diese Situation empfinde er als "ein wenig absurd", denn das Bitten um Dinge lasse ihn weniger selbstbestimmt leben.

Mehrere Themen im Buch angesprochen

Ansonsten schneidet das Buch einen ganzen Strauß an Themen an. Mal geht es um Franziskus' Ernährung (leicht verdaulicher Reis, Kartoffeln, Fisch und Hähnchen), mal um seine Wahl zum Papst ("Ich verspürte Frieden"), dann um seinen Beichtvater und um seinen größten Wunsch ("ein guter Priester zu sein"), aber auch um seine Vorstellung vom Leben nach dem Tod ("Wir werden denselben Körper haben, aber in verwandelter Form. Anders gesagt: Man braucht keine Schminke mehr!").

Einen Schluck Mate-Tee, Franziskus? / © Yara Nardi (Reuters)
Einen Schluck Mate-Tee, Franziskus? / © Yara Nardi ( Reuters )

Die Zukunft der Kirche sieht der Papst als eine Art Mittelweg zwischen Bewahren und Fortschreiten. "Die Sünde des Traditionalismus besteht darin, das Wachsen und Reifen verhindern zu wollen, und die Sünde des Progressivismus besteht darin, die Kirche ohne Tradition, ohne Wurzeln, reifen lassen zu wollen", sagt er.

Ein paar Fragen bleiben offen

Hier würden viele Leserinnen und Leser sicherlich gern nachhaken, ebenso bei Franziskus' Antwort zum Thema Homosexualität. "Gott liebt jeden Mann und jede Frau unabhängig von seiner beziehungsweise ihrer sexuellen Orientierung", erklärt der Pontifex. Gerne würde man erfahren, was das konkret in der katholischen Praxis bedeuten könnte, etwa mit Blick auf Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare.

Andererseits handelt "Ich trage euch in meinem Herzen" nun mal nicht von Kirchenreformen, sondern von Armut. Oder - besser gesagt - von den Themen, die mittellose Menschen im Gespräch mit dem Papst interessieren. Konsequenterweise verdient der an dem Buch kein Geld. Er habe entschieden, das Honorar Hilfsorganisationen zugute kommen zu lassen, schreibt die Gruppe von Association Lazare in ihrem Vorwort.

Persönlicher Kontakt sei größte Stärke

Die dortige Ankündigung, dem Kirchenoberhaupt seien Fragen gestellt worden, "die bislang niemand dem Papst zu stellen wagte", ist zwar übertrieben. In Wahrheit hat Franziskus kaum eine der Fragen nicht schon mal in der einen oder anderen Weise beantwortet. Andererseits spricht aus diesem Satz eine Begeisterung, die von einer Begegnung auf Augenhöhe zeugt. Die Fähigkeit zum persönlichen Kontakt ist wohl die größte Stärke dieses Papstes. Oder wie es die Gruppe ausdrückt: "Wir sind mit so vielen Fragen in unseren Köpfen zu ihm gekommen, er hat sie mit seinem Herzen beantwortet."

Das Leben des Jorge Mario Bergoglio/Franziskus

Franziskus ist der erste Papst der Kirchengeschichte aus Lateinamerika und der erste Jesuit im obersten Kirchenamt. Seine Wahl löste weltweit einen regelrechten Papst-Hype aus. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet zentrale Stationen seines Lebens und seiner bisherigen Amtszeit nach:

Papst Franziskus lächelt (Archiv) / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus lächelt (Archiv) / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA