Papst Franziskus hat ein Gespür dafür, wo Elend zuhause ist. Davon zeugt bei der Reiseplanung der Zielort Banado Norte in Asuncion: Erst Mitte Juni stand das Viertel unter Wasser, als der angrenzende Rio Paraguay über die Ufer trat. Für die Opfer, von denen 400 weiter in Notquartieren hausen, sammelt die Hauptstadt Paraguays derzeit Mäntel, gebrauchte Kleidung und haltbare Lebensmittel.
Niemand lebt freiwillig in Banado Norte. Hochwasser sind häufig: 2014 waren 160.000 Fluss-Anrainer betroffen; 5.000 Hütten wurden komplett zerstört. Drei Menschen kamen in den Fluten um. Die winzige Kapelle Juan Bautista (Johannes der Täufer) ist Ziel des Papstes bei seinem Abstecher an diesem Sonntag zwei Stunden vor dem großen Schlussgottesdienst seiner Südamerika-Reise. In Banado Norte wird er vor rund 12.000 Menschen sprechen; so viele fasst der angrenzende Fußballplatz.
Persönliche Begegnungen im Armenviertel
Auch persönliche Begegnungen mit Bewohnern des Viertels sind geplant; etwa im Haus der 78-jährigen Asuncion Gimenez. Die von Alter und Krankheit gezeichnete Frau arbeitete zeitlebens als Hausangestellte. Sie wünscht sich, Franziskus möge «die Familie segnen und beten, dass wir gesund sind und die jungen Menschen Arbeit haben».
Eine zweite Gastgeberin des Papstes ist Carmen Sanchez. Ihr Ehemann ist aufgrund einer Krankheit stumm. Die 40-jährige Hausfrau will Franziskus auf Landesart bewirten: mit Suppe, Mbeyu-Fladen und Maniok-Laibchen, der "Payagua Mascada". Diese werden schon seit der spanischen Kolonialzeit rund um die Johannes-Feste im Juni und Juli serviert. Sie wolle den Papst auf Guarani anreden, das 80 Prozent der Bevölkerung sprechen, sagt Carmen Sanchez - schließlich habe er als Erzbischof von Buenos Aires immer wieder die Stadtviertel der "Paraguayanos" besucht.
Sanchez sagt, sie warte im Fall ihres stummen Ehemannes auf ein "Wunder". Unterdessen hat der nahende Papstbesuch nach Angaben von Bewohnern von Banado Norte bereits scheinbar Unmögliches möglich gemacht: Zerstrittene Menschen sprächen wieder miteinander. Auch sei der Rio Paraguay nach dem Hochwasser schneller als sonst zurückgegangen. Dennoch hoffen die Anrainer, dass die nun erhöhte Aufmerksamkeit für ihre Probleme auch ein dringend notwendiges Schutzprogramm gegen Hochwasser beschleunigen wird.
Abschlussmesse mit vermutlich 3 Millionen Pilgern
Mit den Problemen Paraguays, jedoch auch mit der Schönheit seiner reichen Volkskultur, wird Franziskus auch an anderen Stationen seiner Reise in Berührung kommen. Bei der großen Messe im Nu-Guazu-Park am Sonntagnachmittag (MESZ), zu der bis zu drei Millionen Pilger - rund 300.000 davon aus der Papstheimat Argentinien erwartet werden -, ist ein eigener Sektor direkt beim Altar für Angehörige indigener Gruppen reserviert. Die liturgische Folklore-Musik in Polka-Rhythmus und Guarani-Sprache bietet ein 500-stimmiger Chor gemeinsam mit dem nationalen Symphonieorchester dar.
Der riesige Papstaltar in Nu Guazu wird von Künstlern gemeinsam mit Bewohnern umliegender Dörfer geschmückt: mit 32.000 Maiskolben, Kürbissen und 100.000 Kokosnüssen, auf die von Hand über Facebook zugesandte Namen von Gläubigen geschrieben werden. So entstehen Fresken, die unter anderen Franz von Assisi und den Jesuiten-Gründer Ignatius von Loyola zeigen. Die Bestandteile des Altars sollen nach Worten des Erzbischofs von Asuncion, Edmundo Valenzuela, die "Einheit unseres Volkes von unseren Vorfahren bis heute symbolisieren".
Kämen tatsächlich drei Millionen Menschen zum Papst nach Asuncion, so wäre das fast die Hälfte der Bevölkerung; Paraguay zählt 6,8 Millionen Einwohner. Das Mitfeiern wäre durchaus im Interesse der konservativen Regierung: Sie hat einer Initiative des Parlaments zugestimmt - und den Samstag und Sonntag (11. und 12. Juli) zu nationalen Feiertagen erklärt.
Sie können den Besuch in Banado Norte ab 14.15 Uhr und den Gottesdienst ab 16 Uhr über den Link unter diesem Artikel live verfolgen.