Der Misereor-Fachreferent für den Themenbereich Wirtschaft und Menschenrechte, Armin Paasch, forderte den deutschen TÜV-Süd dazu auf, eine unabhängige Aufklärung des Vorfalls zu ermöglichen und sich gegebenenfalls an Entschädigungen zu beteiligen. Der Technische Überwachungsverein (TÜV) hatte der Eisenerzmine Córrego do Feijão im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais im vergangenen Jahr einen sicheren Betrieb bescheinigt, obwohl das brasilianische Umweltministerium diesbezüglich Bedenken formuliert hatte.
Die Hälfte des Eisenerzes kommt zu uns
Autoindustrie und andere metallverarbeitende Betriebe in Deutschland hätten darüber hinaus eine Mitverantwortung für die Beachtung der Menschenrechte bei Zulieferbetrieben im Ausland, sagt Paasch. Dies gelte insbesondere für die Wirtschaftsweise von Bergbaubetreibern in Lateinamerika. Seinen Angaben zufolge beziehen diese Unternehmen mehr als die Hälfte ihres importierten Eisenerzes aus Brasilien – mit großer Wahrscheinlichkeit auch aus der aktuell von dem Dammbruch betroffenen Mine. "Der Fall zeigt abermals die dringende Notwendigkeit gesetzlicher menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten für Unternehmen auch in Deutschland", so Paasch. "Zwar hat die Bundesregierung in ihrem Nationalen Aktionsplan die Erwartung geäußert, dass deutsche Unternehmen menschenrechtliche Risiken in ihren Wertschöpfungsketten untersuchen und ihnen entgegenwirken. Eine gesetzliche Verpflichtung erwägt sie aber erst ab 2020."
Angekündigte Tragödie
Joceli Andrioli von der Misereor-Partnerorganisation MAB (Movimento dos Antigidos por Barragens) spricht in Sachen Brumadinho von einer "angekündigten Tragödie. Die brasilianische Zivilgesellschaft hat immer wieder davor gewarnt, dass weitere Dämme brechen könnten, doch bei Unternehmen und Politik stießen sie auf taube Ohren. Die Gier nach Gewinnen kennt keine Grenzen." Die Misereor-Partnerorganisation, das internationale Netzwerk der von Vale Betroffenen mit Sitz in Brasilien, hat bei den Aktionärsversammlungen von Vale schon seit mehreren Jahren auf die Gefahren hingewiesen, die sich aus der permanenten Kostenreduzierung des Konzerns ableiten. Diese führten zu Gefahren beim Betrieb der Minen und setzten das Leben von Arbeitern und der Bevölkerung aufs Spiel. "Man kann nicht sagen, dass der Dammbruch aus heiterem Himmel kam. Trotz aller Warnungen hat Vale nichts dafür getan, die Risiken zu beheben. Der Profit steht für Vale über den Menschenleben", kritisiert Andrioli.
Misereor bereitet Hilfe vor
Misereor bereitet für die Opfer des neuerlichen Dammbruchs eine Nothilfe vor. Das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit arbeitet seit Jahrzehnten mit Partnerorganisationen in der betroffenen Region zusammen und steht auch den Opfern des Dammbruchs im brasilianischen Mariana Anfang November 2015 nach wie vor mit mehreren Projekten zur Seite. Damals hatten sich etwa 60 Millionen Kubikmeter Schlamm in ein Flusstal ergossen. Die Opfer der Katastrophe warten bis heute auf eine Entschädigung von Vale, in deren Besitz sich die seinerzeit betroffene Eisenerzmine Samarco ebenfalls befindet.