DOMRADIO.DE: Auf den Punkt gesagt, worum geht's bei der "Initiative Köln zeigt Haltung!"?
Gregor Stiels (Katholikenausschuss in der Stadt Köln): Es geht darum, dass wir der Politik und auch der Öffentlichkeit der letzten Wochen und Monate ein deutliches Zeichen entgegenstellen wollen. Wir haben in letzter Zeit immer wieder Sätze gehört, wie: "Wir wollen uns abschotten. Wir müssen Europa abschotten. Wir lassen Menschen im Mittelmeer ertrinken. Das ist auch gut so, weil es keine Lösung für diese Menschen gibt. Deswegen müssen wir so handeln." Das kann nicht sein, weil es unmenschlich und unchristlich ist. Daher müssen wir ein deutliches Zeichen setzen. Das wollen wir am 16. September tun.
DOMRADIO.De: Diese Demo und Kundgebung wird getragen von einem wirklich breiten Bündnis. Dabei sind natürlich kirchliche Organisationen, Wohlfahrtsverbände, Kölner Willkommens-Initiativen, Gewerkschaften, der Flüchtlingsrat und Kölner Runde Tische. Wie einigt man sich dann eigentlich, wer jetzt da was macht und beiträgt?
Stiels: Das war nicht einfach. Tatsächlich sind wir vor allem in den Details unterschiedlich unterwegs. Das ist keine Frage. Aber wir konnten uns relativ schnell auf die drei Schlagwörter "Aufnehmen, Hierbleiben, Solidarität" einigen. Wir waren uns auch darin einig, dass wir ein deutliches Zeichen setzen müssen, jetzt aktueller denn je.
DOMRADIO.DE: Zeichen setzen ist immer eine wichtige Sache, die aber auch oftmals noch nicht so ganz konkret vom geistigen Auge mit Inhalt gefüllt ist. Wie wird das denn am 16. September ablaufen?
Stiels: Passend zu den drei Schlagwörtern, die wir ausgesucht haben, gibt es auch Gespräche etwa mit Geflüchteten. Wir wollen in dem Zusammenhang auch einfach mal zuhören, uns deren Geschichte anhören. Warum mussten sie aus ihrem Heimatland fliehen? Was steckt dahinter? Auch zum Hierbleiben gibt es einzelne Erfahrungen – gerade von den Willkommens-Initiativen, die mit den Menschen mittlerweile auch befreundet sind. Oder wo Ausbildungsplätze in Aussicht stehen, die Menschen wahrnehmen könnten, wenn denn nicht die Abschiebung drohen würde.
DOMRADIO.DE: Kommen denn auch Bedenkenträger zu Wort?
Stiels: Der Runde Tisch für Integration hat zum Beispiel schon diskutiert: Wo sind denn auch die Hemmnisse für Solidarität? Wenn Menschen keinen Wohnraum finden, oder auch in der Bildung, wenn ich keine wohnortsnahe Plätze finde. Das sind alles Dinge, die die Menschen beschäftigen und da muss man drüber sprechen können. Es darf nicht sein, dass es unmenschlich wird und unchristlich. Sondern der Kompass muss immer noch das christliche Menschenbild sein und die Menschenwürde.
DOMRADIO.DE: Es wird eine Kundgebung auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom stattfinden und dann gibt es einen Demonstrationszug durch die Innenstadt...
Stiels: Die Kundgebung wird relativ kurz sein und dann setzt sich der ganze Zug in Richtung Heumarkt in Bewegung, wo auch ein umfangreiches Bühnenprogramm stattfinden wird.
DOMRADIO.DE: Es ist ja immer auch nicht ganz unwichtig, wie viele Menschen sich beteiligen. Haben Sie irgendeine Zahl, mit der Sie rechnen?
Stiels: Die Organisatoren rechnen mit rund 7.000 Menschen. Das ist die Zahl, wo es auf dem Roncalliplatz langsam kritisch und eng wird. Aber durch die aktuellen Ereignisse wie den Vorfällen in Chemnitz ist es aktueller denn je geworden. Wir wünschen uns natürlich jeden, der mehr kommt. Aber das ist die Zahl, von der wir aktuell erst mal ausgehen.
DOMRADIO.De: Die AfD hat sehr erschreckend hohe Umfragewerte, die nach Chemnitz sogar noch mal in die Höhe geschnellt sind. Gibt es da von Ihrer Seite aus tatsächliche Befürchtungen, dass die Gesellschaft richtig nach rechts abdriften könnte?
Stiels: Ich habe große Befürchtungen, dass zum einen die Menschenwürde und eine christliche Grundhaltung in Gefahr ist. Und zum anderen auch, dass unsere Demokratie Schaden nehmen wird. Dafür muss man sich nur mal die Argumente anhören, mit denen die Menschen dort unterwegs sind. Wenn Gruppierungen und Parteien skandieren, dass die Presse nur noch lügt und sie auch den demokratischen Parteien absprechen, Lösungen zu finden, dann macht mir das große Sorgen. Es darf nicht sein, dass da der Ruf nach radikalen Lösungen laut wird.
Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass wenn wir Solidarität einfordern oder auch propagiert wird "Wir schaffen das", dann muss man aber auch im Nachgang den Menschen erzählen, wie. Und ich glaube, das ist verpasst worden. Das sollten wir aber nicht den radikalen Parteien überlassen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.