Ihr Glaube hat ihren Umgang mit Niederlagen und Erfolgen beeinflusst - und ihre Vereinswahl. "Aber vor allem meine Werte als Mensch und Sportler auf und neben dem Platz", sagt Irina Pando. Die Fußball-WM der Frauen, die soeben begonnen hat, erlebt die ehemalige Schweizer Nationalspielerin dieses Mal als Zuschauerin - aus dem Urlaub, nicht im Stadion. Erst im Juni hat Pando ihre Profikarriere beendet.
Im Fokus der Öffentlichkeit hatte die 28-Jährige viel Druck auszuhalten, nicht nur sportlich. Als die Mittelstürmerin im Juni 2022 nicht erneut für den EM-Kader der Schweiz nominiert wurde, gerieten vor allem ihre Ehe mit Frau Dajana und der gemeinsame Kinderwunsch in den medialen Fokus.
Familie, Beziehung, Trauer
Es seien die ganz normalen Sorgen, die Sportler mit in die Wettkämpfe nehmen, sagt Pfarrer Thomas Weber: "Familie, Beziehung, Trauer - all das lässt man nicht in der Kabine, wenn man auf den Platz läuft." Mit Profifußball hatte er bisher wenig Berührungspunkte. Allerdings fiebert er bei dieser Frauen-WM nach eigenen Worten besonders mit: "Ganz Gevelsberg ist stolz darauf, dass mit Lena Sophie Oberdorf und Alexandra Popp gleich zwei Spielerinnen von hier in Australien und Neuseeland für die deutsche Nationalmannschaft auflaufen."
Als Sportseelsorger hat er schon sieben Mal den deutschen Olympia-Kader betreut - und kennt die Probleme abseits der Arenen. "Die Sorgen, die die Sportler mit zu den Wettkämpfen bringen, sind keine anderen als zu Hause. Aber in solch einer Belastungssituation wirken Probleme oder Selbstzweifel manchmal noch viel bedrohlicher, erdrückender. Dann ist es gut, wenn ein Seelsorger ansprechbar ist."
Sportseelsorge stärkt mentale Gesundheit
Sportseelsorge funktioniere erfreulicherweise ökumenisch, berichtet Weber: "Wir sind zu zweit. Im Athletendorf teilen wir mit Sportlern, Trainern und Betreuern den Tisch, wir leben zweieinhalb Wochen auf engem Raum miteinander - etwa wie in einem Schullandheim."
Topfit zu sein, das habe viel mit der Psyche zu tun. "Auch Profisportler sind Menschen, keine Maschinen. Für den Körper wird alles getan, aber wer kümmert sich um die Seele?" Das sagt Weber als begeisterter Hobby-Sportler: Handball, Tennis, Skifahren. "Sport tut uns allen einfach gut. Er verbindet die Generationen und stärkt die mentale Gesundheit."
Trauerfälle als Mannschaft bewältigen
Wie wichtig seelischer Beistand ist, hat Weber unzählige Male erlebt. Ein Ereignis ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: "Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 haben wir einen Todesfall im Team erlebt", erinnert er sich. Der Trainer der deutschen Kanuten, Stefan Henze, war bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. "Wir haben eine gemeinsame Trauerfeier im Athletendorf organisiert. Das hat geholfen, mit der schwierigen Situation umzugehen."
Zwei Jahre nach dem Unfall rief ihn der Kanu-Bundestrainer an und bat ihn, ins WM-Trainingslager nach Leipzig zu kommen. Auch diese WM fand in Rio de Janeiro statt: "Sie werden jeden Tag an der Stelle vorbeikommen, an der Stefan Henze verunglückt war. Ich habe die Mannschaft darauf vorbereitet."
Bekenntnis zum Glauben
Generell sind Religion und Seelsorge nach außen hin selten Thema im Profisport. Und dennoch sind religiöse Symbole auf den Fußballplätzen dieser Welt immer wieder deutlich sichtbar. Ob Messi, Neymar oder Ibrahimovic - viele Topspieler haben sich ihren Glauben mit Tinte unter die Haut stechen lassen, stehen öffentlich zu ihrer Religion - Tendenz steigend.
Im Frauenfußball nehme sie diese Symbolik etwas weniger wahr, sagt Irina Pando. Im Allgemeinen sei Religion kein großes Thema, werde aber komplett toleriert und akzeptiert.
Sie selbst gehe mit Ihrem Glauben sehr offen um. "Das Wissen um die konstante und nicht beeinflussbare Liebe und Zusage Gottes hat mir viel Druck genommen und Freude geschenkt", sagt sie rückblickend.
"Vor allem in schweren Zeiten war der Glauben für mich wirklich eine tragende Kraft und ein Tröster. Ich hatte immer die Gewissheit, dass Gott alles im Griff hat und weiß, was ich brauche - ein unglaublich beruhigendes Gefühl. Aber auch in erfolgreichen Zeiten hat es mich daran erinnert, dass der sportliche Erfolg genau so wenig an meiner Identität ändert wie große Rückschläge."