Sportbischof Oster kritisiert Kommerzialisierung im Fußball

"Kommt einem manchmal wie Menschenhandel vor"

Die Fußballwelt blickt diesen Samstag nach Berlin zum DFB-Pokalfinale. Auch Passaus Bischof Stefan Oster ist vor Ort. Mit deutlichen Worten kritisiert er allerdings die Missstände im Sport, wie beim FC Bayern München und der FIFA.

Wer gewinnt den DFB-Pokal? / © Maurizio Gambarini (dpa)
Wer gewinnt den DFB-Pokal? / © Maurizio Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Für welchen Verein schlägt Ihr Fußballherz?

Stefan Oster, Bischof von Passau, am 18. März 2021 im Bischöflichen Ordinariat in Passau. / © Maria Irl (KNA)
Stefan Oster, Bischof von Passau, am 18. März 2021 im Bischöflichen Ordinariat in Passau. / © Maria Irl ( KNA )

Stefan Oster SDB (Bischof von Passau und Sportbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz): Ich bin als Kind zuerst mit dem FC Bayern in Berührung gekommen. In meiner Kindheit haben Beckenbauer, Müller und Maier gespielt. Mein Herz schlug für Bayern. Und was man als Kind zuerst im Herzen hat, das bekommt man nicht mehr raus. Auch wenn sie mich in der letzten Zeit doch ziemlich ärgern. Die Kommerzialisierung des Fußballs, gerade auch beim FC Bayern, nimmt manchmal Züge an, bei denen man nicht mehr so leicht mitkommt.

Aber nächste Saison spielen sie wieder und dann schaut man trotzdem wieder mal rein, wie es ihnen denn geht. Wie gesagt, man kriegt es nicht mehr raus.

Und für einen anderen Verein zu jubeln, käme dem immer noch irgendwie gegenwärtigen Kinderherzen dann wie Verrat vor.

DOMRADIO.DE: Sie haben also durchaus ein Herz für den Fußball. Aber Sie haben bei der Einführung zum ökumenischen Gottesdienst zum DFB-Pokalfinale in Berlin gesagt: "Das Fußballspiel braucht eigentlich kein Mensch". Wie ist das gemeint?

Oster: Das, was im Leben schön ist, ist im besten Sinne überflüssig. Wir neigen als Menschen dazu, sehr funktional zu sein. Also: Bringt mir das was? Habe ich einen Benefit davon? Und alles, was über bloße Zwecke hinausgeht, ist eigentlich, in einem doppelten Sinn verstanden, überflüssig. Für bloße Zweckerfüllung braucht es kein Mensch.

Aber andererseits braucht der Mensch vielleicht nichts mehr als das Überflüssige im besten Sinn des Wortes, was überfließt für Schönheit, für Leidenschaft. In diesem Sinn hoffe ich, dass für viele Menschen Fußball auch ein Eintauchen ins Zweckfreie ist, weil wir einfach nur Leidenschaft für das Spiel haben und uns an der Schönheit des Spiels erfreuen.

DOMRADIO.DE: Es gibt einerseits die Schönheit des Spiels, aber es gibt auf der anderen Seite auch jede Menge Probleme. Den FC Bayern haben Sie gerade schon angesprochen. Sie haben auch relativ deutliche Worte beim Gottesdienst für die FIFA gefunden. Was genau ist da Ihre Kritik?

Oster: Die ganze Kommerzialisierung des Sports, auch die politische Instrumentalisierung. Katar als WM-Austragungsort war ja alles andere als unumstritten. Und dann die Korruptionsvorwürfe gegen die FIFA, als wäre es eine Geldmaschine für die Leute, die dort Verantwortung haben.

Das stößt einem schon sauer auf. Aber das spiegelt sich dann auch bis runter in die Spitzenvereine, die unfassbaren Summen, die gezahlt werden. "Heuern und Feuern" von Menschen. Das kommt einem manchmal wie Menschen- oder Sklavenhandel vor. Das macht das ganze Spiel schon auch hässlich.

Bischof Stefan Oster

"Gewalt, Doping oder Manipulation. Das sind alles Dinge, die das Spiel hässlich machen."

Dazu kommen dann auch Probleme wie Gewalt, Doping oder Manipulation. Das sind alles Dinge, die das Spiel hässlich machen. Da wünscht man sich eigentlich, dass das Spiel davon wieder befreit wird.

DOMRADIO.DE: Wie kriegt man das denn dann hin, den Spaß trotzdem nicht zu verlieren? Man kann die Probleme ja nicht ausblenden.

Oster: Ehrlich gesagt, ist es echt schwierig. Mir verleidet es das Schauen manchmal inzwischen auch. Aber dann, wenn ich trotzdem ein schönes, spannendes Spiel sehe, kann ich das auch mal ausblenden und mich einfach am Fußball freuen.

Ich habe selber gerne gespielt. Nicht besonders gut, aber gerne und mit Leidenschaft. Dann hat man immer noch ein Herz für die Mannschaft. Aber ich merke auch, es wird innerlich weniger wichtig. Also, wenn sie dann mal verlieren, dann haben sie halt mal verloren. Aber es ist nicht mehr so sehr die Wunde im Herzen.

DOMRADIO.DE: Wie sieht es beim Pokalfinale aus? Leipzig? Frankfurt? Wem drücken Sie da die Daumen?

Oster: Als Bischof muss ich eigentlich neutral bleiben. Aber sagen wir mal so: Wenn man Kommerzialisierung als Kriterium nimmt, dann sind die Leipziger da schon ein bisschen stärker unterwegs. Aber ich hoffe, dass es ein schönes Spiel wird, dass der Bessere gewinnt und dass diese Aspekte nicht im Vordergrund stehen.

Ich habe mich letztes Jahr sehr gefreut, dass Frankfurt die Europa League gewonnen hat und da war echt viel Leidenschaft dahinter. Deswegen bin ich ein bisschen mehr bei Frankfurt.

Bischof Stefan Oster

"Wenn man Kommerzialisierung als Kriterium nimmt - da sind die Leipziger schon ein bisschen stärker unterwegs."

DOMRADIO.DE: Darf ich für den Sieg meiner Mannschaft beten?

Oster: Beten darf man für alles. C.S. Lewis hat mal sinngemäß gesagt: "Wenn ich daran denke, was Gott schon alles für Gebete von mir bekommen hat. Wenn er die alle erhört hätte, was daraus geworden wäre!"

Gott ist gerecht und wird auch da Gerechtigkeit walten lassen. Sie dürfen natürlich hoffen, Sie dürfen auch ein Stoßgebet zum Himmel schicken. Aber ob das dann Gott so wirklich ernst nimmt oder ob Sie Gott damit wirklich ernst nehmen, ist noch mal eine andere Frage.

Ich glaube schon, dass es am Ende darum geht, dass man sich gegenseitig ernst nimmt. Dass der Mensch vor allem auch Gott ernst nimmt.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Kirchen beten vor Pokalfinale um fairen Sport

Vor dem DFB-Pokalfinale am Samstagabend haben Vertreter der beiden großen Kirchen in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche um Respekt und fairen Sport gebetet. Der Passauer katholische Bischof Stefan Oster sagte bei dem ökumenischen Gottesdienst unter dem Thema "Gemeinsam für mehr Wir", der Segen Gottes könne dabei helfen, "etwas von der Schönheit des Spiels zu bewahren".

DFB-Pokal / © Matthias Balk (dpa)
DFB-Pokal / © Matthias Balk ( dpa )
Quelle:
DR