Fan-Seelsorger Haug hofft auf BVB-Meistertitel

"Spannung ist zum Greifen nahe"

Der Meister-Titel könnte für Borussia Dortmund am Samstag Realität werden. Ein siegreiches Spiel trennt Verein und Fans vom Triumph. Eine innerliche Zerreißprobe für die Anhänger des Vereins, meint Fan-Seelsorger Karsten Haug.

Fans von Borussia Dortmund / © Federico Gambarini (dpa)
Fans von Borussia Dortmund / © Federico Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie ist denn die Stimmung bei Ihnen und den Fans in Dortmund? Alle Zeichen auf schwarz-gelb?

Karsten Haug, BVB-Seelsorger (EPB)
Karsten Haug, BVB-Seelsorger / ( EPB )

Karsten Haug (Gemeindereferent / Fan-Pastoral des BVB): Ja, natürlich. Alles auf schwarz-gelb. Die Spannung ist zum Greifen nahe. Am Borsigplatz ist alles für den eventuellen Meisterkorso vorbereitet. Aber innerlich zerreißt es einen fast.

Man denkt auf der einen Seite, das packen wir jetzt ganz locker in dem Heimspiel. Auf der anderen Seite denkt man jede halbe Stunde: Oh nein, was passiert, wenn es lange null zu null steht?

Es ist gar nicht zu beschreiben. Das Herz pocht und ich glaube, dass ich am Samstag um 15.30 Uhr, wenn ich ins Stadion gehe, Blut und Wasser schwitze, an den Fingernägeln nageln kaue und so weiter.

DOMRADIO.DE: Zehn Jahre in Folge wurde Bayern München Deutscher Meister. Warum muss gerade der BVB dieses Mal die Serie brechen?

Haug: Es ist auf Dauer einfach langweilig, wenn eine Mannschaft immer wieder Deutscher Meister wird. Das tut der Bundesliga nicht gut. Ich glaube, in dieser Saison war alles möglich. Bayern hätte auch durchaus wegziehen können, aber Dortmund ist in irgendeiner Art und Weise dran geblieben. Jetzt müssen wir das Ding auch nach Hause holen.

Fans von Borussia Dortmund halten vor dem Spiel einen Schal hoch / © Bernd Thissen (dpa)
Fans von Borussia Dortmund halten vor dem Spiel einen Schal hoch / © Bernd Thissen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Am Freitagnachmittag um 14.00 Uhr laden Sie in die Gründungskirche des BVB, die Dreifaltigkeitskirche in der Dortmunder Nordstadt zu einem Gottesdienst. Wird da für den Sieg und damit für die Meisterschaft gebetet?

Haug: Als Theologe würde ich sagen, wir beten natürlich offiziell nicht in dem Gottesdienst für für den Sieg und damit die Meisterschaft. Aber was die Fans persönlich in ihrem Herzen Gott anvertrauen, weiß ich nicht. Ich denke, wir alle haben in der Jugendzeit mal für eine gute Klausur gebetet. Das hat zwar nicht funktioniert, aber das überlasse ich den Fans.

Wir beten dort für ein gutes Spiel, für Fairness, für Zusammenhalt, für Gemeinschaft, für all das, was den Fußballsport so reizvoll und interessant macht.

Karsten Haug

"Ich glaube, Fußball ist ein starkes Stück Leben. Man kann in 90 Minuten ganz viel erleben, was wir sonst im Alltag nicht so erfahren: Höhen, Tiefen, Erlösung."

DOMRADIO.DE: Mal scherzhaft und mal ernst gemeint, ist vom Fußballgott die Rede. Das Stadion wirke wie eine Kathedrale, die Fans wie die Gläubigen. Fußball und Kirche haben durchaus Ähnlichkeiten. Aber ist so eine Ersatzreligion nicht eher Konkurrenz für die Kirche?

Haug: Ich glaube, Fußball ist ein starkes Stück Leben. Man kann in 90 Minuten ganz viel erleben, was wir sonst im Alltag nicht so erfahren: Höhen, Tiefen, Erlösung. Ich glaube, dass wir als Kirche gut daran tun, wenn wir die Menschen mit ihren Anliegen ernst nehmen und sie dort einfach begleiten.

Ich sehe das nicht als Ersatzreligion, sondern als einen starken Ausdruck von Leben. Dort müssen wir einfach da sein. Diese Begeisterung, die können wir ja auch vermitteln. Das ist auch Ansporn für uns als Kirche.

DOMRADIO.DE: Der BVB hat am Samstag im Spiel gegen Mainz 05 die Chance, aus eigener Kraft Deutscher Fußballmeister zu werden. Mainz als sogenannter "Karnevalsverein" würde doch nie eine große Party ruinieren, oder?

Haug: Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber ich glaube trotzdem, dass wir gewinnen. Vielleicht trägt ja auch der 1. FC Köln noch seinen Teil im Spiel gegen Bayern München dazu bei.

Das Interview führte Tobias Fricke.

BVB-Coach Terzic vor Titelfinale: "Wollen Weg krönen"

BVB-Trainer Edin Terzic verzichtet vor dem spannendsten Bundesliga-Meisterfinale seit Jahren auf besondere Maßnahmen. Aus Sorge, die ohnehin hohe Anspannung bei seinen Profis vor dem Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FSV Mainz 05 weiter zu vergrößern, setzt er auf Bewährtes. "Natürlich ist es für uns eine ganz besondere Woche. Dennoch ist der Schlüssel, dass man nichts Besonders tut. Es geht nicht darum, außergewöhnliche Dinge einzufordern", sagte der Fußball-Lehrer mit Blick auf das Titel-Fernduell mit dem FC Bayern. "Wir dürfen das nicht zu sehr an uns heranlassen.

Zwei BVB-Fans sitzen im Stadion / © Federico Gambarini (dpa)
Zwei BVB-Fans sitzen im Stadion / © Federico Gambarini ( dpa )
Quelle:
DR