DOMRADIO.DE: Wie ist denn die Stimmung in Dortmund nach der verpassten Meisterschaft?
Karsten Haug (Gemeindereferent und Fan-Seelsorger): Ich persönlich habe es noch nicht ganz überwunden. Gestern waren trotzdem einige Fans auf dem Borsigplatz, mit denen ich auch gesprochen habe.
Es flossen auch ein paar Tränen, es war ein Gefühl der inneren Leere. Aber ich denke, Zeit heilt alle Wunden. Das hat selbst ein BVB-Spieler schon gesagt: Es geht jetzt darum, aufzustehen und weiter zu machen.
Das hat man auch direkt nach dem Spiel, nach der verpassten Meisterschaft gespürt. 80.000 Fans sind im Stadion geblieben und haben ihre Mannschaft noch nach dem Spiel angefeuert.
Beim Trainer Edin Terzić sind Tränen geflossen, die Emotionen und die Enttäuschung sind einfach aus ihm herausgekommen. Aber irgendwie haben die Fans der eigenen Mannschaft doch Mut gemacht.
DOMRADIO.DE: Wie würden Sie denn das Spiel des BVB bewerten? Wollte die Mannschaft es einfach nicht stark genug?
Haug: Ich weiß nicht, ob sie nicht stark genug waren. Zumindest konnten sie das, was sie die letzten Wochen gerade in Heimspielen gezeigt haben, im entscheidenden Spiel nicht umsetzen. Vielleicht lag es an den Nerven.
Mainz hat natürlich auch seinen Teil dazu beigetragen. Die beiden Torschüsse waren drin und der Mainzer Torwart hat super gehalten. Ich mache Sébastien Haller gar keinen Vorwurf, aber wenn er den Elfmeter zum 1:1 getroffen hätte, dann wäre das Spiel noch mal gekippt und vielleicht anders gelaufen. Aber Fußball ist ein Mannschaftssport und da passiert so etwas.
DOMRADIO.DE: Worin sehen Sie jetzt Ihre Aufgabe als Fan-Pastoral?
Haug: Gestern war ich zum Beispiel auf dem Borsigplatz. Ich hatte mir schon gedacht, dass da einige Fans hinkommen und habe mit ihnen geredet. Ich habe auch eine Bibelstelle gepostet, die mir ganz gut getan hat. Nämlich Elija unter dem Ginsterstrauch, der einfach müde ist und seiner Berufung nicht folgen kann und sich einfach nur den Tod wünscht. Daraufhin kommt ein Engel und sagt: "Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich".
Wir Fans müssen uns jetzt gegenseitig Kraft geben und in dieser Situation zueinander stehen. So wie es die BVB-Familie immer tut.
Das Interview führte Elena Hong.