Geistlicher Beistand für Borussia Dortmund: Am frühen Freitagnachmittag haben mehr als 100 BVB-Fans in der Dreifaltigkeitskirche in der Dortmunder Nordstadt für den Gewinn der deutschen Fußballmeisterschaft gebetet.
Am Samstag spielt die Mannschaft im letzten Saisonspiel im Dortmunder Westfalenstadion gegen Mainz – mit einem Sieg wäre der neunte Titel der Vereinsgeschichte fix.
Kirche mit BVB-Bezug
Die Dreifaltigkeitskirche ist sozusagen die Wiege des BVB. Denn am 19. Dezember 1909 gründeten Mitglieder der Kirchengemeinde den "Ballspiel-Verein Borussia 1909". In dem Gotteshaus, in dem sich zahlreiche Informationen und Symbole mit BVB-Bezug finden, kommen vor großen Spielen traditionell BVB-Fans zusammen, um für den Erfolg ihrer Mannschaft zu beten.
In dem kurzen Gottesdienst stimmten die Teilnehmer am Freitag das "You'll Never Walk Alone" an. Fans in schwarz-gelben Schals zündeten Kerzen an, große Fahnen wurden in der Mitte des Gotteshauses geschwenkt. Gemeindereferent und BVB-Fan-Pastor Karsten Haug, gebürtiger Dortmunder und seit über 25 Jahren Dauerkartenbesitzer, predigte über den Vers im Römer-Brief "Freut euch in der Hoffnung".
Gebet für Fairness und Zusammenhalt
Gegenüber DOMRADIO.DE sagte Haug: "Als Theologe würde ich sagen, wir beten natürlich offiziell nicht in dem Gottesdienst für den Sieg und damit die Meisterschaft. Aber was die Fans persönlich in ihrem Herzen Gott anvertrauen, weiß ich nicht." Er wolle für ein gutes Spiel, Fairness und Zusammenhalt beten – "für all das, was den Fußballsport so reizvoll und interessant macht". Er sehe Fußball nicht als Ersatzreligion, sondern "als starken Ausdruck von Leben".
Kirchliche Jugendgruppe gründet Borussia
Die Geschichte des Dortmunder Fußballs begann auf der "Weißen Wiese" hinter der Dreifaltigkeitskirche: Junge Männer aus kirchlichen Jugendgruppen trafen sich seit 1901 sonntäglich zum Fußballspiel. Vormittags saßen sie in der Kirchenbank, nachmittags schnürten sie die Fußballstiefel. Doch dem damaligen Kaplan Hubert Dewald gefiel das Spiel mit der Pille nicht. Er war ein erbitterter Gegner der neumodischen "Fußlümmelei", drängte auf "geistige Beschäftigung mit guten Büchern" und den Besuch der Andacht am Sonntagnachmittag. Er ließ sogar die Tore auf der Weißen Wiese entfernen.
Aus Protest dagegen gründeten die Fußballer am vierten Adventssonntag 1909 in der Gaststätte "Wildschütz" (heute befindet sich hier der Imbiss "Pommes Rot Weiß") ihren eigenen Verein und traten aus der kirchlichen Organisation "Jünglingssodalität Dreifaltigkeit" aus. Das war die Geburtsstunde der Borussia.
Katholischer Ankerpunkt
Die Bevölkerung der Nordstadt, insbesondere in der Gegend um den Borsigplatz mit unmittelbarer Nähe zum Eisen- und Stahlwerk von Hoesch, war im Zuge der Industrialisierung stark angewachsen. Viele katholische Zuwanderer, unter anderem aus Schlesien, Posen, West- und Ostpreußen, sollten im bisher eher protestantisch geprägten Dortmund eine religiöse und nach dem katholischen Glauben ausgerichtete Heimat finden.
Sonderstellung als BVB-Kirche
Als Gründungskirche des BVB hat die Dreifaltigkeitskirche eine Sonderstellung unter den Kirchen in der Dortmunder Nordstadt. Die überwiegende Zeit ist sie eine normale katholische Kirche, doch es gibt auch spezielle Führungen für Fans.
Zum Saisonauftakt und zum Geburtstag von Borussia Dortmund finden BVB-Gottesdienste statt, die Predigt übernehmen dann schon mal Fußballprominente. "Auch spezielle Kindstaufen, Trauungen und Trauerfeiern mit Bezug zum BVB werden angeboten – praktisch alles, was sich mit der Würde des Gotteshauses vereinbaren lässt, ist möglich", betont das Erzbistum Paderborn.
In dem 2010 eingerichteten "BVB Walk Of Fame", in der historische Stätten und Ereignisse aus der BVB-Geschichte mit einem im Boden eingelassenen Stern gewürdigt werden, hat die Dreifaltigkeitskirche den Stern Nr. 1 erhalten.