"Die gegenwärtige Krise hat uns allen bewusst gemacht, wie kostbar gut funktionierende Institutionen sind", schrieb Schönborn in einem Beitrag für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Sonntag). Allerdings funktionierten Institutionen nicht von allein. "Uns ist bewusst geworden, dass diese von Menschen getragen werden, die den Dienst an dem Anderen an erste Stelle stellen", so Schönborn. Ohne diese oft nicht gewürdigten Menschen "wäre unser Staat nach einem Wort des Hl. Augustinus nur eine Räuberbande".
Ohne andere belehren zu wollen, wolle er mutmachende Beispiele aus seinem Land, Österreich, nennen, schrieb Schönborn. Dazu zählten ein gutes Gesundheitssystem, ein Rechts- und Sozialstaat sowie eine solide Wirtschaft. All dies werde nun "seit 75 Jahren vom Geist des gemeinsamen Suchens nach Lösungen getragen". Dabei habe man es "gelernt, Gemeinsames über die Einzelinteressen stellen".
Blick auf den Wiederaufbau
In seinem gut halbseitigen Beitrag erinnert der Wiener Erzbischof an seinen Vorgänger, Kardinal Theodor Innitzer, der 1945 angesichts des niedergebrannten Stephansdoms den trauernden Menschen sagte: "Na, wir werden ihn halt wieder aufbauen." Am diesjährigen Ostersonntag, den er wegen der Pandemie weitgehend allein zelebrierte, habe er an die Katastrophe erinnern wollen sowie an die vielen Menschen, die den Dom wieder aufgebaut haben.
In ähnlicher Weise habe die Kirche jetzt "die Aufgabe und die Möglichkeit, an einer besseren Zukunft mitzubauen", so Schönborn weiter. Dann könne man die zweifellos großen Probleme hoher Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Schwierigkeiten sowie ökologischer Krisen angehen. In der Pandemie sei deutlich geworden, so der Kardinal abschließend, dass in vielen Menschen des angeblich entchristlichten Europas die Haltung Jesu Wurzeln geschlagen habe: zu dienen, Mitgefühl zu zeigen und sich für andere einzusetzen.