Augsburger Bischof fordert Kampf gegen Antisemitismus

Eine christliche Pflicht

Als Deutscher empfinde er bei der Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten Scham, sagt Bischof Bertram Meier. Bei einer Veranstaltung rief er zum Kampf gegen Antisemitismus auf und sparte nicht mit Kritik an der Kirche.

Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Bischof Bertram Meier hat Katholiken dazu aufgerufen, Jüdinnen und Juden beizustehen. "Es ist unsere Pflicht, dem Antisemitismus im Alltag zu widersprechen", sagte Meier am Dienstag in Rom laut Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Diese Beistandspflicht gelte auch, "wenn wir mit der Politik der israelischen Regierung und der Kriegsführung in Gaza und im Libanon nicht einverstanden sind", so der Augsburger Bischof. Nicht die Kontroverse beende den Dialog, sondern das Schweigen. Dieser Dialog habe zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) begonnen, so Meier. An die Stelle einer jahrhundertealten Lehre der Verachtung sei eine Kultur des Dialogs getreten.

Schoah als schmerzhafter Stachel im Fleisch der Christen

Als deutscher Bischof empfinde er bei der Erinnerung an die Razzia des 16. Oktober in Rom Scham. "Denn es waren Deutsche, die die Razzia geplant und durchgeführt haben. Es waren Deutsche, die jüdische Menschen verfolgt und verhaftet haben, in klarem Bewusstsein, dass sie ermordet werden, und diese Razzia fand hier in Rom, im Herzen der katholischen Kirche, statt." 

Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Schoah im christlich geprägten Europa stattfand, so Meier. Alle, die an der Verhaftung, Deportation und Ermordung der Juden beteiligt waren, hätten die Zehn Gebote gelernt. Damit bleibe die Schoah ein schmerzhafter Stachel im Fleisch der Christenheit.

Meier äußerte sich im Rahmen einer Gedenkveranstaltung der Initiative "Ricordiamo Insieme". Mehr als 1.250 Jüdinnen und Juden, vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen, wurden vor 81 Jahren am 16. Oktober 1943 von Rom nach Auschwitz-Birkenau transportiert.

Antisemitismus in Deutschland

Antisemitische und antiisraelische Straftaten nehmen in Deutschland wieder zu. Den Angaben der Bundesregierung zufolge wurden unter anderem 434 Fälle von Volksverhetzung, 15 Gewaltdelikte sowie 70 Fälle, die Sachbeschädigung betreffen, gezählt. Weitere Delikte betreffen etwa die Störung der Totenruhe oder Nötigung. Mehr als 90 Prozent der Straftaten wurden von deutschen Staatsangehörigen verübt. Von einer deutlich höheren Dunkelziffer ist auszugehen. 312 von 339 Tatverdächtigen waren Deutsche.

Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak (KNA)
Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA