Zarte Gemüter seien gewarnt: Schon am Anfang warten Schreck und Schauder. Diverse Gerippe hocken da in Särgen und um solche herum und schauen einem aus dunklen Augenhöhlen entgegen. Diesen Anblick bekommt, wer die neue Sonderausstellung im Museum der Augsburger Puppenkiste besucht.
"Zeit für Geister - Von Ahnen und Naturwesen" heißt die jüngst eröffnete Schau, die bis 14. September läuft. Sie versammelt Marionetten sowie Hand- und Stabpuppen aus 26 Stücken aus Deutschland, Österreich und Tschechien. Hinzu kommen weitere Objekte und Installationen, die das Motto unter anderem aus wissenschaftlicher Sicht ergänzen.
Also rasch vorbei an den Begrüßungsskeletten vom Foyer und dann durch den zerfleddert-schwarzen Vorhang hinein in die Welt des Grusels. Dort warten die Waldgeister Krumunkel, Brummschnerzel und Golz, fast lebensgroße Figuren des Düsseldorfer Marionetten-Theaters aus dem Stück "Fantasius Pan".
Darin ringen diese liebenswürdigen Gesellen mit einem kaltherzigen Eiskönig, der den Menschen den Zugang zu Wärme und Fantasie versperrt.
Daneben blickt einen grimmig eine "Buttnmandl"-Maske an. "Buttnmandln" begleiten im südbayerischen Berchtesgadener Land traditionell den Nikolaus, wenn der im Advent von Haus zu Haus zieht.

"Sie sind in langes, gedroschenes Stroh eingebundene Männer, die furchteinflößende Fell- oder Holzmasken mit Hörnern, überlangen Zähnen und heraushängenden Zungen tragen", heißt es im Museum.
Diese Dämonen stehen demnach in Verbindung mit anderen alten Bräuchen wie den Perchten- und Krampusläufen, bei denen es darum geht, in gruseliger Gestalt die Geister des Winters zu vertreiben.
Bekannte Geister der Literaturgeschichte
Etwas freundlicher schaut da schon gegenüber das Pendant aus Portugal aus: eine Naturgeist-Maske aus Kastanienwurzel. Sie hängt ohne Beiwerk an der Wand - ein schöner Kontrast zur sonstigen optischen Opulenz.
Denn die Figurenvitrinen bieten meist das Gegenteil von Schlichtheit: Sie erscheinen wie ganze kleine Kosmen, so detail-, farben- und formenreich sind die Puppen und ihre Szenerien gestaltet, und das mit so unterschiedlichen Materialien wie Holz und Tuch, Papier und Pappmaché.
Auf diese Weise spuken allerhand bekannte Geister der Literaturgeschichte durch die Ausstellung, "Der Fliegende Holländer" ebenso wie "Das kleine Gespenst" und "Das Gespenst von Canterville". Auch "Peterchens Mondfahrt" samt zugehöriger Naturgeister ist vertreten, außerdem die Trollfamilie der "Mumins".
Und dann kommt wieder das echte Leben dazwischen - oder besser gesagt der echte Tod. Ein Schaukasten zeigt nämlich, auf welch bunte Weise man in Ghana aus dem Leben geht.
Dort liegt die "Languste", ein rosa-grünes Sargmodell, in dem sich in dem westafrikanischen Land Fischer und Fischhändler bestatten lassen, wie es heißt. Imposante Särge seien wichtig, um einen guten Anschluss der Verstorbenen an die Ahnenwelt zu gewährleisten.
Gebetbuch von 1674
Ebenfalls für das Thema Glaube steht ein Gebetbuch von 1674 aus Mainz. Das kleine Druckwerk trägt den großen Namen "Geistlicher Schild gegen geist und leibliche Gefährlichkeiten allzeit bey sich zu tragen". Darin enthalten: "Kräftiges Gebet gegen alle Hexerey, Gespenst und Ungewitter, vom Pabst Urban dem Achten approbirt."
Derart gestärkt kann man dann ruhigen Gewissens Kontakt mit der Geisterwelt aufnehmen, namentlich mit drei großen Augsburger Stadtsöhnen: dem Baumeister Elias Holl, dem Kaufmann Jakob Fugger und dem Puppenkisten-Gründer Walter Oehmichen.

Dank Künstlicher Intelligenz leben die längst verstorbenen Herren noch mal auf und erzählen von ihrem Leben und Wirken.
Wirklich in die Tiefe geht es dabei kaum, was unterm Strich für die gesamte Ausstellung gilt. Wer mehr Details zu Séancen oder zum Ahnenkult im chinesischen Volksglauben wünscht, der muss also selber recherchieren.
Trotzdem ist die Schau geistreich, gerade die Mini-Welten der Marionetten-Vitrinen zeugen von Esprit. Und dass vieles eher vage bleibt - nun, das passt doch zum Wesen von Geistern. Die sind schließlich vor allem eines: unfassbar.