In mehreren Ländern droht im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie laut Misereor eine Aushöhlung von Grund- und Menschenrechten. Immer wieder würden Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus genutzt, um Rechte einzuschränken und politisch Andersdenkende zu verfolgen, mahnte das Hilfswerk am Freitag in Aachen. Dabei sei es gerade in Krisenzeiten wichtig, dass zivilgesellschaftliche Akteure und Medien das staatliche Handeln kritisch begleiten könnten, sagte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
Regierung per Notstandsgesetz
Die Staaten müssten sich an ihre Verpflichtungen zu Respekt, Schutz und Gewährleistung der Menschenrechte halten, so Spiegel weiter. "Der Ernst der Lage in der Corona-Pandemie rechtfertigt es nicht, Abstriche bei den Menschenrechten in Kauf zu nehmen." Jedoch werde in vielen Ländern Lateinamerikas unter Notstandsgesetzen regiert, die vielfach ausgenutzt würden. Dort könnte sich der politische und öffentliche Raum mit dem Vorwand der Corona-Bekämpfung so drastisch verändern, "dass die Zivilgesellschaft nach der Pandemie noch weniger Spielraum haben wird", warnte Spiegel.
Aus Honduras berichten demnach Partnerorganisationen von Misereor, dass mehrere führende Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft nach Beschluss der Quarantäne festgenommen wurden. Auch komme es immer wieder zu Übergriffen durch Sicherheitskräfte.
Zu Lasten von Minderheiten
In Kolumbien gingen "Morde und Bedrohungen gegen Menschenrechtsverteidiger ungehindert weiter", hieß es weiter. Zudem forderten Unternehmer dort Vereinfachungen im Zulassungsverfahren für Wirtschaftsprojekte etwa im Bergbau oder in der Infrastruktur. Dies könnte zulasten von ethnischen Minderheiten gehen, die derartige Projekte oft ablehnten.
Ebenso gelte die Unterlassung von Schutz- und Präventionsmaßnahmen als Verletzung der Schutzverpflichtung von Staaten gegenüber ihrer Bevölkerung, betonte Misereor. Die Regierung von Nicaragua leugne jedoch die Bedrohung, führe öffentliche Großveranstaltungen durch und werbe für Tourismus. Eine Initiative der Diözese Matagalpa, Notfallzentren einzurichten und medizinische Unterstützung telefonisch anzubieten, sei von der Regierung untersagt worden.