Außergewöhnlicher Papst-Appell für Ende des Ukrainekriegs

Abweichung vom Protokoll

Beim Mittagsgebet ist Papst Franziskus vom Protokoll abgewichen. Das gab es so zuletzt vor neun Jahren. Er verzichtete auf die traditionelle Katechese, um stattdessen einen eindringlichen Appel an Präsident Wladimir Putin zu richten.

Papst Franziskus beim Angelus-Mittagsgebet / © Domenico Stinellis/AP/ (dpa)
Papst Franziskus beim Angelus-Mittagsgebet / © Domenico Stinellis/AP/ ( dpa )

Mit einem eindringlichen Appell hat Papst Franziskus zu einem Ende des Ukrainekriegs aufgerufen. Anstelle der üblichen Auslegung des Evangeliums widmete das Kirchenoberhaupt seine Sonntagsansprache auf dem Petersplatz dem Krieg in der Ukraine. Eine ähnliche Änderung des Ablaufs hatte es zuletzt 2013 gegeben. Damals forderte Franziskus ein Ende der Kämpfe in Syrien.

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In seiner Ansprache richtete er sich diesmal direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er forderte ihn auf, die "Spirale von Gewalt und Tod" zu stoppen, auch zum Wohl des eigenen Volkes. An Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte der Papst "in großer Betroffenheit über das unermessliche Leid des ukrainischen Volkes infolge der Aggression, die es erlitten hat": Er möge offen sein "für ernsthafte Friedensvorschläge".

Papst-Appell an Putin und Selensky im Oktober 2022

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Der Verlauf des Krieges in der Ukraine ist so ernst, verheerend und bedrohlich geworden, dass er Anlass zu großer Sorge gibt. Aus diesem Grund möchte ich ihm heute meine gesamte Betrachtung vor dem Angelus widmen. In der Tat ist es so, dass diese schreckliche und unfassbare Wunde der Menschheit nicht heilt, sondern immer weiter blutet und sich auszubreiten droht.

Papst Franziskus mit erhobener Hand beim Angelusgebet am Fenster des Apostolischen Palasts / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus mit erhobener Hand beim Angelusgebet am Fenster des Apostolischen Palasts / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Nicht zu rechtfertigenden Kriegshandlungen 

Weiter rief Franziskus Politiker in aller Welt auf, sich für ein Ende des Krieges einzusetzen. "Bitte lassen Sie die jungen Generationen die gesunde Luft des Friedens atmen, nicht die verschmutzte Luft des Krieges, der Wahnsinn ist!" Den Schritt, auf die sonntägliche Katechese zu verzichten, begründete der oberste Repräsentant der katholischen Kirche mit der "schrecklichen und unfassbaren Wunde der Menschheit", die nicht heile, "sondern immer weiter blutet und sich auszubreiten droht".

Er verurteilte erneut die "niemals zu rechtfertigenden" Kriegshandlungen, die zu Tausenden Opfern und Zerstörung führten. "Es ist bedauerlich, dass die Welt die Geografie der Ukraine durch Namen wie Bucha, Irpin, Mariupol, Izium, Saporischschja und andere Orte kennenlernt, die zu Orten unbeschreiblichen Leids und unbeschreiblicher Angst geworden sind", so der Papst.

Aufruf zu sofortigem Waffenstillstand 

Die "Tatsache, dass die Menschheit erneut mit einer atomaren Bedrohung konfrontiert ist", bezeichnete Franziskus als "absurd". Er bedauere "zutiefst die ernste Situation, die in den vergangenen Tagen entstanden ist, mit weiteren Aktionen, die den Grundsätzen des Völkerrechts widersprechen". Sie erhöhten "das Risiko einer nuklearen Eskalation bis zu dem Punkt, dass weltweit unkontrollierbare und katastrophale Folgen befürchtet werden".

Erneut rief der Papst zu einem "sofortigen Waffenstillstand" auf. Es sollten "alle diplomatischen Mittel" genutzt werden, "auch die, die bisher vielleicht nicht genutzt wurden, um dieser schrecklichen Tragödie ein Ende zu setzen". Der Krieg an sich sei "ein Irrtum und ein Horror", betonte er.

Angelus-Gebet

Der Angelus Domini (lat.), Der Engel des Herrn (dt.), auch Angelus, ist ein Gebet, das die Menschwerdung Jesu Christi durch Maria zum Thema hat. Es besteht aus drei Betrachtungsworten aus dem Lukas- sowie dem Johannesevangelium und beginnt mit den Worten: Angelus Domini nuntiavit Mariae ("Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft"). Traditionell wird zum "Angelus-Gebet" um 6.00 Uhr, 12.00 Uhr und 18.00 Uhr durch das Läuten der Kirchenglocken gerufen ("Angelus-Läuten").

Papst Franziskus beim Angelus (Archiv) / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus beim Angelus (Archiv) / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA