Ausstellung zeigt umstrittene Notre-Dame-Glasfenster

Kunst oder Sakrileg?

Während die Wiedereröffnung der Pariser Notre-Dame näher rückt, sorgt eine Werkschau in Troyes für Aufmerksamkeit: Glasfenster, die einen Streit illustrieren, der wieder hochaktuell ist. Wann ist Kunst zu "modern" für eine Kathedrale?

Autor/in:
Sabine Glaubitz
In der Werkstatt Vitrail-France wird das Fenster "Rose du Credo" (Rose des Glaubensbekenntnisses) von Jean Hébert-Stevens aus der Kathedrale Notre Dame restauriert (Aufnahmedatum April 2024).  / © Corentin Péchiné/Département de l'Aube (dpa)
In der Werkstatt Vitrail-France wird das Fenster "Rose du Credo" (Rose des Glaubensbekenntnisses) von Jean Hébert-Stevens aus der Kathedrale Notre Dame restauriert (Aufnahmedatum April 2024). / © Corentin Péchiné/Département de l'Aube ( dpa )

Die Fenster wurden 1939 entfernt und teilweise in Kisten nach dem Großbrand der Pariser Notre-Dame vor fünf Jahren wiederentdeckt. Glasfenster, die jahrelang für Polemik sorgten. Denn sie galten mit ihrer Farblichkeit und Darstellung als zu modern. 

Im Zentrum für Glasmalerei in Troyes (Cité du Vitrail) im Nordosten Frankreichs ist ein Teil der Werke nach über 80 Jahren nun erstmals zu sehen - bis zum 5. Januar 2025 unter dem Titel "Notre-Dame de Paris: Der Glasmalerei-Streit". 

Details eines Spitzbogenfensters von Jean Hébert-Stevens aus der Kathedrale Notre Dame. Das Fenster zeigt den heiligen Martin (Computergrafik). Das Buntglasfenster wurde um 1937 hergestellt. / © Vitrail France (dpa)
Details eines Spitzbogenfensters von Jean Hébert-Stevens aus der Kathedrale Notre Dame. Das Fenster zeigt den heiligen Martin (Computergrafik). Das Buntglasfenster wurde um 1937 hergestellt. / © Vitrail France ( dpa )

Sie sind in kräftigen Farben gehalten und figurativ und erinnern in ihrem Stil an den Kubismus: Arbeiten von zwölf Glaskünstlern, wie die Fensterrose von André Rinuy oder das überhöhte Spitzbogenfenster von Jean Hébert-Stevens, das den heiligen Martin stark schematisiert darstellt. Sie sollten vor über 80 Jahren die schlichten, überwiegend in Grau, Weiß und Schwarz gehaltenen Grisaille-Malereien ersetzen. 

Bauarbeiten zum Wiederaufbau der durch einen Großbrand beschädigten Kathedrale Notre-Dame. Ein Jahr vor der am 8. Dezember 2024 geplanten Wiedereröffnung der durch einen Großbrand im April 2019 beschädigten Kirche. / © Sabine Glaubitz (dpa)
Bauarbeiten zum Wiederaufbau der durch einen Großbrand beschädigten Kathedrale Notre-Dame. Ein Jahr vor der am 8. Dezember 2024 geplanten Wiedereröffnung der durch einen Großbrand im April 2019 beschädigten Kirche. / © Sabine Glaubitz ( dpa )

Das Projekt löste über mehrere Jahre hinweg heftige Debatten über zeitgenössische Kunst in historischen Denkmälern aus. Eine Debatte, die mehr als 80 Jahre später wieder hochaktuell geworden ist. Am 8. Dezember 2023 kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron die Installation zeitgenössischer Glasfenster in der Notre-Dame ein. Seitdem ist eine Petition gegen das Projekt im Umlauf.

Künstler gab schließlich auf

Das umstrittene, in Troyes illustrierte Projekt war 1935 entstanden, wie Nicolas Dohrmann, Generalkurator für Kulturerbe und Direktor der Cité du Vitrail, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es sei von Anfang an auf Kritik gestoßen, doch sei es vor allem ab dem Zeitpunkt, an dem sie ab Dezember 1938 angebracht worden seien, zu einem Aufschrei gekommen. Im Jahr 1939 wurden sie entfernt, unter anderem auch um sie vor dem Krieg zu schützen. 

Nur einer der Glasmacher-Meister, Jacques Le Chevallier, wagte es, seine modernen Werke 1956 erneut zu installieren. Jedoch nur für kurze Zeit. Wieder gab es Anfeindungen. Le Chevallier gab auf und entwarf später schlichte Grisaille-Werke. Sie haben den Großbrand im April 2019 überstanden. 

Die religiöse Bedeutung von Notre-Dame

Notre-Dame ist die Kirche des Pariser Erzbischofs - daher der Titel "Kathedrale" (lat. cathedra = Sitz, Stuhl). Vorgängerbauten auf der Ile de la Cite, der Kernstadt auf der Seine-Insel, lassen sich bis um das Jahr 540 zurückverfolgen. Hier befanden sich die wichtigsten Reliquien von Paris, darunter auch ein Teil der Dornenkrone und ein Kreuznagel, die traditionell als von der Kreuzigung Jesu Christi stammend verehrt werden.

Bauzaun vor Notre-Dame / © Corinne Simon (KNA)
Bauzaun vor Notre-Dame / © Corinne Simon ( KNA )
Quelle:
dpa