Notre-Dame ist die Kirche des Pariser Erzbischofs - daher der Titel "Kathedrale" (lat. cathedra = Sitz, Stuhl). Vorgängerbauten auf der Ile de la Cite, der Kernstadt auf der Seine-Insel, lassen sich bis um das Jahr 540 zurückverfolgen. Hier befanden sich die wichtigsten Reliquien von Paris, darunter auch ein Teil der Dornenkrone und ein Kreuznagel, die traditionell als von der Kreuzigung Jesu Christi stammend verehrt werden.
Allerdings ist nicht Notre-Dame die christliche Keimzelle von Paris, sondern der Montmartre. An diesem "Hügel der Märtyrer" soll um 250 n. Chr. der Stadtpatron Bischof Dionysius (frz. Saint-Denis) auf seinem Richtplatz sein abgeschlagenes Haupt genommen und damit sechs Kilometer nach Norden gegangen sein. Wo er sich schließlich niederlegte, steht heute die Basilika Saint-Denis, Grablege der französischen Könige und erstes Beispiel der französischen Gotik.
Mit den Jahrhunderten verlagerte sich aber das religiöse Herz der französischen Nation immer stärker nach Notre-Dame - so wie das politische Herz mit der Rückkehr des Königshofes Ende des 16. Jahrhunderts fortan in Paris schlug. (KNA/13.4.2020)