Australiens Bischöfe genehmigen Aborigine-Liturgie

Ein Ausdruck von Respekt

Eine von der katholischen Kirche unterstützte Kampagne zur Aufnahme der Aborigines in Australiens Verfassung war 2023 krachend gescheitert. Nun legten die Bischöfe einen kirchlichen Schritt zu deren besserer Wertschätzung vor.

Autor/in:
Michael Lenz
 © Di Vincenzo (shutterstock)

Eine von der katholischen Kirche unterstützte Kampagne zur Aufnahme von Rechten der Ureinwohner in die Verfassung war 2023 krachend gescheitert. Die Debatte führte zu noch mehr Bitterkeit unter den von weißen Siedlern lange unterdrückten und entrechteten Ureinwohnern. Nun hat die katholische Kirche des Landes eine Gottesdienstform vorgelegt, die ein großer Schritt zur besseren Integration und Versöhnung mit dem "Ersten Volk" Australiens sein soll.

Die Liturgie für eine "Messe des Landes des Heiligen Geistes" mit wesentlichen Elementen aus Sprache und Kultur der Aborigines ist für den Gebrauch im Bistum Broome bestimmt. "Ich freue mich sehr, dass die "Missa Terra Spiritus Sancti" (...) von Australiens Bischöfen offiziell anerkannt wurde", sagte Bischof Michael Morrissey, Administrator der Diözese Broome in Westaustralien.

Zur Genehmigung nach Rom geschickt

Nach dem Plazet der Bischöfe wurde "Messe des Landes des Heiligen Geistes" zur Genehmigung nach Rom geschickt. Im Bistum Broome in der abgelegenen Region Kimberleys sind 65 Prozent der Ureinwohner Katholiken.

Sacred Heart Church in Beagle Bay, Broome, Australien / © alybaba (shutterstock)
Sacred Heart Church in Beagle Bay, Broome, Australien / © alybaba ( shutterstock )

Die Messliturgie wird in Broome seit über 50 Jahren praktiziert und hat eine lange Geschichte. 1964 schrieb der damalige Bischof von Broome John Jobst an das Zweite Vatikanische Konzil: "Wir haben in unsere Liturgie (...) so gut wie nichts von der Kultur der Eingeborenen inkorporiert. Daher wird die Religion, die wir ihnen präsentieren, ihnen immer fremd und fremdländisch sein." 

"Ad experimentum"

Den Pallotinermissionar Kevin McKelson nahm den Missstand zum Anlass, zusammen mit Aborigines die römische Liturgie in fünf in Broome gesprochene Sprachen zu übersetzen und Elemente der Kultur der Ureinwohner einzubeziehen. Lange wurden Entwürfe der zunächst nach dem Ort ihres Ursprungs Bidyadanga genannte Liturgie zwischen Broome, der Bischofskonferenz und dem Vatikan hin- und hergeschickt.

Erstmalig offiziell gefeiert wurde die Messe im Februar 1973 während des Eucharistischen Kongresses in Melbourne. Im Mai 1973 erteilte der Vatikan eine vorläufige Genehmigung mit der Maßgabe, die Aboriginalmesse "ad experimentum", außer zum Hochgebet, in Broome zu feiern und "nach einem angemessenen Zeitraum" einen Bericht nach Rom zu schicken. Die "Missa Kimberley", wie sie dann zunächst hieß, wird seitdem in katholischen Aboriginalgemeinden in Broome, in Darwin und darüber hinaus "probehalber" gefeiert, während McKelson, Aborigines, Theologen, Liturgieexperten und Sprachwissenschaftler weiter an den Texten feilten.

Auch dunkle Kapitel 

1986 ermutigte Papst Johannes Paul II. in seiner historischen Rede vor Ureinwohnern in Alice Springs, das Evangelium in ihre eigene Sprache zu übertragen. "Die Kirche lädt euch ein, das lebendige Wort Jesu auf eine Weise auszudrücken, die Geist und Herz von euch Aborigines anspricht." Weiter sagte er: "Ihr seid ein Teil von Australien, und Australien ist ein Teil von euch. Und die australische Kirche selbst wird nicht ganz die Kirche sein, die Jesus möchte, bis ihr euren Beitrag zu ihrem Leben leistet."

Papst Johannes Paul II. in Polen im Jahr 1979 / © KNA-Bild (KNA)
Papst Johannes Paul II. in Polen im Jahr 1979 / © KNA-Bild ( KNA )

Die Geschichte des Verhältnisses der Kirchen Australiens zu den Ureinwohnern hat allerdings auch düstere Kapitel. Seit Ende des 19. Jahrhunderts galt die Politik "Australien nur für Weiße". Aborigines wurden als minderwertige und daher zum Aussterben verurteilte Rasse gesehen.

Volle Bürgerrechte seit 1967

Lediglich Mischlingskinder galten als "erhaltenswert". Sie wurden ihren Familien weggenommen, um in katholischen Missionsschulen zu "weißen Werten" erzogen zu werden. Gleichzeitig erhielten sie eine Basisschulausbildung, um sie dann als billige Arbeitskräfte einsetzen zu können. Erst nach einem Referendum 1967 erhielten die Aborigines volle Bürgerrechte. An der Realität der Apartheidpolitik änderte dies aber zunächst nichts.

Doch langsam bewegten sich Staat, Kirchen und Gesellschaft. Im August 1977 richtete die katholische Bischofskonferenz eine "Kommission für Aborigines und Torres Strait Insulaner" ein. In Darwin, Alice Springs oder auch Sydney wuchsen katholische Aboriginalgemeinden. In so manchen Kirchen wie der "Aboriginal Mission Church" in La Perouse bei Sydney wurden etwa Bilder von Kreuzwegstationen im Stil der Kunst der Ureinwohner gestaltet.

"Stolen Generation"

Mit dem legendären "Mabo-Urteil" anerkannte das oberste Gericht 1992 erstmals die Landrechte der seit über 50.000 Jahren in Australien lebenden Aborigines. Die Kirche entschuldigte sich 1996, und 2008 die australische Regierung unter Premierminister Kevin Rudd offiziell für die Politik der "Stolen Generation".

Bis zur völligen Gleichberechtigung der Ureinwohner ist der Weg aber noch lang. Viele von ihnen sind arm, auf dem Arbeitsmarkt mangels Bildung chancenlos, versinken in Alkohol- und Drogenmissbrauch. Da bietet die Aboriginalliturgie einen Hoffnungsstrahl. "Die 'Missa Terra Spiritus Sancti' ist nicht nur eine liturgische Praxis, sondern ein Beweis für die tiefe Verbindung zwischen unserem Glauben und dem reichen Geflecht der Kultur der Aborigines", betont der Katholische Nationalrat der Aborigines and Torres Strait Insulaner. 

Ausdruck der Wertschätzung

Sie sei "greifbarer Ausdruck des Engagements der Kirche, die spirituellen und kulturellen Dimensionen des Lebens indigener Völker wertzuschätzen und so ein Umfeld der Inklusivität und des Respekts zu fördern". Der Rat war 1992 als oberstes Beratungsgremium der Bischofskonferenz für Fragen der Ureinwohner gegründet worden.

John Bosco, katholischer Pfarrer der Dampier Peninsula Gemeinde nördlich von Broome, feiert seit 12 Jahren Messen mit der Aboriginalliturgie. In einem Video auf YouTube sagt er: "Meiner Meinung nach sollte jede Liturgie die Gläubigen befähigen, aktiv teilzunehmen (...) Die ganze Messe wird gesungen." Wie er hoffen viele, dass bis zum endgültigen Segen des Vatikans für die "Missa Terra Spiritus Sancti" nicht nochmals Jahrzehnte ins Land gehen.

Anteil der Christen in Australien sinkt auf unter 50 Prozent

Der Anteil der Christen in Australien ist laut neusten Statistiken erstmals seit Beginn der Erhebungen vor 110 Jahren auf unter 50 Prozent gesunken. Insgesamt bezeichnet sich eine steigende Zahl von Menschen als "nicht religiös", wie aus den am Dienstag vom Amt für Statistik (ABS) veröffentlichen Daten der Volkszählung 2021 hervorgeht. 44 Prozent identifizierten sich demnach als Christen, während es vor fünf Jahren noch 52 Prozent und vor zehn Jahren 61 Prozent gewesen seien.

Australien Flagge / © Larich (shutterstock)
Quelle:
KNA