Wieder einmal haben die katholischen Bischöfe und Weihbischöfe aus dem Südwesten Deutschlands einen der ihren zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gemacht: nach Karl Lehmann und Robert Zollitsch nun Georg Bätzing. Was sie verbindet, ist weit mehr als ein unregelmäßiges Bischofstreffen in lockerer Runde, bei dem über Gott und die Welt gesprochen wird. Das letzte dieser Art fand Ende Februar in Speyer statt.
Was die südwestdeutschen Bischöfe eint, ist darüber hinaus eine ähnliche Sicht auf die Lage und Entwicklung der Kirche: Ob sie aus dem stets liberalen Baden oder aus den einst "tiefschwarzen" Regionen der Eifel oder des Westerwalds stammen - sie alle haben den allmählichen Wandel der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) in einer ganz besonderen Weise wahrgenommen.
In einer langen Kontinuität
Es war ein unaufhaltsamer Übergang von einer traditionellen und priesterzentrierten, flächendeckenden Volkskirche zu einer immer noch starken, aber langsam schrumpfenden Institution. Diese Bischöfe haben miterlebt, wie sich der Glaube der Kirche mehr und mehr vom Leben der Menschen entfremdete, wobei der Kitt der Folklore - anders als in Bayern oder Westfalen - bei weitem nicht ausreicht, um dies zu übertünchen. Zugleich standen sie in intensivem Austausch mit starken theologischen Fakultäten, deren Professoren darüber nachdenken, was dies für den Glauben der Kirche in der Zukunft bedeutet.
Neben den Bischöfen von Freiburg, Rottenburg-Stuttgart und Mainz - der sogenannten oberrheinischen Kirchenprovinz - gehören auch die Bischöfe von Trier, Speyer und Limburg zu diesem Kreis der "Südwestdeutschen". Auch bei der knappen Wahl von Reinhard Marx zum Vorsitzenden vor sechs Jahren waren sie mit ausschlaggebend, weil unter anderem die Trierer ihren ehemaligen Bischof favorisierten.
Geduldiger Zuhörer
Bätzing steht also in einer langen Kontinuität, und dennoch bedeutet seine Wahl eine Veränderung - nicht nur im Tonfall. Nach dem gerne ausgiebig dozierenden Lehmann und dem manchmal ungestüm drängenden Vordenker und Strategen Marx zeichnet sich Bätzing vor allem durch die Kunst des geduldigen Zuhörens aus. Sein Bischofsmotto "Congrega in unum" ("Führe zusammen") ist mehr als ein frommer Spruch.
Im Bistum Limburg, das er 2016 zwei Jahre nach dem unrühmlichen Weggang von Franz-Peter Tebartz-van Elst übernahm, hat er innerhalb kurzer Zeit tiefe Spaltungen überwunden und Wunden geheilt. Und auch beim Synodalen Weg hat sich Bätzing als ein Mann des Ausgleichs hervorgetan, insbesondere in dem von scharfen inhaltlichen Kontrapositionen geprägten Forum zum Thema Sexualität.
Das Anforderungsprofil eines "integrierenden Vorsitzenden, der authentisch kommunizieren kann" hatte die Versammlung unmittelbar vor der Wahl in Mainz in Kleingruppen-Gesprächen herausgearbeitet - und eigentlich war schon in diesem Moment klar, dass ein Mann mit Bätzings Persönlichkeit der Favorit sein würde. Dennoch brauchte er insgesamt wohl vier Wahlgänge, um mit absoluter Mehrheit gewählt zu werden.
Keine Erfahrung mit Rom
Bätzings Fähigkeiten zur Integration sind unbestritten und werden auch von Konservativen geschätzt. Selbst gegenüber seinem konservativen und glücklosen Vorgänger Tebartz, den viele bis heute mit Häme und Verachtung bedenken, hat er sich stets fair verhalten.
Noch nicht ganz klar ist, wie Bätzing, der über keinerlei römische Erfahrung verfügt, auf der schwierigen Kommunikationsschiene Deutschland-Vatikan agieren wird.
Hier ist er, wie er selbst freimütig eingestand, auf Mittelsmänner angewiesen. Und dass die katholische Kirche in Deutschland gute Übersetzer und Fürsprecher in Rom brauchen wird, wenn sie weitere Reformen und Veränderungen wagen will, liegt auf der Hand. Hier könnten der ehemalige Vorsitzende Marx mit seinem privilegierten Zugang zum Papst und vielleicht auch der künftige Sekretär der Bischofskonferenz eine wichtige Rolle spielen.