Bayerns Innenminister berichtet von Besuch bei Benedikt XVI.

Große Verbundenheit zu seiner Heimat

Bayerns Innenminister Herrmann kennt Joseph Ratzinger seit dessen Zeit als Münchner Erzbischof. Trotz der Vorwürfe im Zuge des Münchners Missbrauchsgutachten hält der CSU-Politiker Kontakt und hat ihn zum 95. Geburtstag besucht.

Herrmann besucht Papst Benedikt / © Bayerisches Innenministerium (dpa)
Herrmann besucht Papst Benedikt / © Bayerisches Innenministerium ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie geht es Benedikt XVI? Wie haben Sie den emeritierten Papst bei Ihrem Besuch persönlich erlebt?

Joachim Herrmann (Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration): Er ist körperlich schwach, aber er ist geistig voll da. Ich habe Benedikt die Grüße aus Bayern überbringen können und er hat sich sichtbar sehr darüber gefreut. Ich habe ihm als kleines Gastgeschenk eine Kerze aus Altötting mit einem Bildnis der Schwarzen Madonna von Altötting mitgebracht. Darüber hat er sich auch sichtbar sehr gefreut.

Es war dann auch insofern ein gutes Gespräch. Allerdings ist es in der Tat so, dass man nur ein, zwei Sätze gut verstehen kann und dann wird die Stimme erst mal wieder schwach und dann braucht er erst wieder ein paar Minuten, ich sage das jetzt mal mit meinen Worten, um wieder genügend Luft zu haben, um dann wieder weitersprechen zu können.

Aber er nimmt alles sehr genau wahr und ist insofern voll auf der Höhe der Zeit. Ich persönlich habe es jedenfalls als große Freude wahrgenommen, dass ich ihn noch einmal besuchen konnte und dass er sich seiner bayerischen Heimat nach wie vor sehr verbunden fühlt.

DOMRADIO.DE: Im Gegensatz zu Franziskus gibt es bei einem Besuch bei Benedikt als emeritierten Papst kein offizielles Protokoll. Wie ist das denn organisatorisch abgelaufen?

Herrmann: Ich hatte natürlich schon im Vorfeld bei der Planung im Rahmen meines Rom-Besuches gefragt, ob es möglich ist, ihn zu besuchen. Das lag nahe, weil sein 95. Geburtstag erst vor kurzem war.

Erzbischof Georg Gänswein und der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Juni 2020 / © Sven Hoppe/dpa/Pool (KNA)
Erzbischof Georg Gänswein und der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Juni 2020 / © Sven Hoppe/dpa/Pool ( KNA )

Sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein, der Papst Benedikt schon über viele Jahre betreut, hat das arrangiert und mich dann in dem kleinen Klostergebäude, das seit der Emeritierung des Papstes als Unterkunft für ihn dient, empfangen.

Nach wenigen Minuten Wartezeit hat mich Erzbischof Gänswein dann in den Gesprächsraum geführt. Da war dann Papst Benedikt, der in einem großen Sessel saß und mich dann seinerseits begrüßt hat.

DOMRADIO.DE: Benedikt ist, gerade seit der Veröffentlichung des Münchner Missbrauch-Gutachtens Anfang des Jahres, nicht unumstritten. Gab es denn im Vorhinein Diskussionen, ob so ein Besuch vielleicht ein falsches Zeichen setzt? Oder ist das, was Sie da gemacht haben, vollkommen abseits von jeglicher Politik?

Herrmann: Nein. Natürlich habe ich auch persönlich darüber nachgedacht und ich nehme gerade diese Missbrauchsfälle wirklich sehr, sehr ernst.

Hier muss man aber klar sagen, dass offensichtlich rund um die Welt in der katholischen Kirche wirklich viele schlimme Fehler gemacht worden sind und man sich offensichtlich auch zu wenig um die Opfer gekümmert hat.

Joachim Herrmann

"Ich jedenfalls sage gerade auch aus christlicher Nächstenliebe, dass es ist richtig ist, jemanden, der schwerkrank ist, unsere Sympathie zu bekunden."

Ich nehme das sehr, sehr ernst. Trotzdem sage ich, wenn wohl auch Joseph Ratzinger im Laufe seiner Amtszeit auch als Erzbischof von München hier Fehler gemacht hat, dann ist es trotzdem kein Grund zu sagen, mit so jemandem nicht mehr zu reden. Vielmehr denke ich, dass er trotz aller Fehler, die ihm, glaube ich, auch bewusst sind und um die er die Opfer um Vergebung gebeten hat, es trotzdem richtig ist, dass wir uns nach wie vor auch mit ihm zusammen seiner großen Verdienste bewusst sind.

Ich jedenfalls sage gerade auch aus christlicher Nächstenliebe, dass es ist richtig ist, jemanden, der auch schwerkrank ist, unsere Sympathie zu bekunden und im Gebet und im Gedanken mit ihm unterwegs zu sein.

DOMRADIO.DE: Er ist ja auch eine Person, die mit Bayern eng verbunden ist. Herr Herrmann, zum Schluss noch ganz persönlich gefragt: Sie sind als Politiker hingefahren, Sie sind selber Katholik, Sie haben gerade das Gebet erwähnt. Was hat das denn für Sie persönlich bedeutet? War das mehr als nur ein politischer Termin oder ist das etwas, was einfach auf der Tagesordnung abgehandelt wird?

1981: Joseph Ratzinger geht nach Rom (KNA)
1981: Joseph Ratzinger geht nach Rom / ( KNA )

Herrmann: Ich habe einerseits die Grüße der Staatsregierung auch im Auftrag unseres Ministerpräsidenten Markus Söder überbracht.

Aber natürlich ist das für mich als überzeugten katholischen Christen auch etwas ganz Besonderes, den Heiligen Vater hier noch einmal zu treffen. Ich hatte im Laufe der Jahre viele Begegnungen mit ihm. Ich bin ihm schon begegnet, als er noch Erzbischof von München war.

Dann haben wir ihn aus Bayern heraus natürlich wiederholt in Rom besucht, als er Präfekt der Glaubenskongregation war, ebenso in seiner Amtszeit als Papst. Und ja, er hat nie ein Hehl aus seiner Liebe zu seiner bayerischen Heimat gemacht.

Ich denke, es ist wichtig, in einer solchen Situation dann auch weiterhin die Verbindung zu ihm zu halten.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Quelle:
DR