Beauftragte Claus nimmt Vorgänger gegen Kritik in Schutz

"Leider nicht mehr drin gewesen"

Anlässlich der Kritik an der Gemeinsamen Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals hat sich die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung zu Wort gemeldet. Sie verteidigt ihren Vorgänger.

Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung / © Kay Nietfeld (dpa)
Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung / © Kay Nietfeld ( dpa )

Sie könne die Kritik des Kölner Juraprofessors Stephan Rixen nachvollziehen. Die Politik habe es in der vergangenen Legislaturperiode aber abgelehnt, selbst stärker Verantwortung zu übernehmen und für eine unabhängige Aufarbeitung zu sorgen, sagte Kerstin Claus am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Juraprofessor übt Kritik

Rixen hatte die vor zwei Jahren unterzeichnete Vereinbarung zwischen Bischofskonferenz und dem damaligen Missbrauchsbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig kritisiert. Er betonte in einem Beitrag des "Kölner Stadt-Anzeigers" (Mittwoch), er halte die Erklärung für falsch, da der Rechtsstaat "bedenkenlos die quasi-autokratische Binnenstruktur der katholischen Kirche" akzeptiere.

Bischof Stephan Ackermann und Johannes-Wilhelm Rörig (r.) / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Stephan Ackermann und Johannes-Wilhelm Rörig (r.) / © Harald Oppitz ( KNA )

Claus betonte, in der damaligen Konstellation sei für ihren Vorgänger, der die Verhandlungen geführt hatte, deswegen "leider nicht mehr drin gewesen", so Claus. Sie sei aber zuversichtlich, dass die derzeitige Regierung sich stärker engagieren wolle.

Die Erklärung sieht eine unabhängige Aufarbeitung von Missbrauch vor.

Betroffenenbeiräte in Bistümern eingerichtet

Dazu sind in den vergangenen Jahren inzwischen in fast allen Bistümern Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeiräte eingerichtet worden. Die Mitglieder werden teils von der Kirche, teils von der jeweiligen Landesregierung und von Betroffenengremien benannt und sämtlich vom Ortsbischof berufen.

Symbolbild leerer Konferenztisch / © hxdbzxy (shutterstock)
Symbolbild leerer Konferenztisch / © hxdbzxy ( shutterstock )

Zum Verhandlungsbeginn vor vier Jahren hatten vor allem Betroffene gefordert, dass der Staat sich bei der Aufarbeitung stärker engagiert und eine unabhängige Kommission einrichtet. Die katholische Kirche hatte sich zuletzt durchaus offen für den Vorschlag gezeigt, unterdessen fand er in der Politik kaum Unterstützung.

Claus betonte, mit der Ampelregierung habe sich die politische Situation verändert. Sie habe in ihrem Koalitionsvertrag eine gesetzliche Verankerung ihres Amtes vorgesehen und ein gesetzlich verankertes Recht auf Aufarbeitung als Option genannt. Aus ihrer Sicht müsse auch die ehrenamtlich tätige unabhängige Aufarbeitungskommission über das Gesetzgebungsverfahren mehr Rechte erhalten und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Recht auf Aufarbeitung und Akteneinsicht

In einem KNA-Interview hatte Claus ebenfalls am Mittwoch betont, dass Fokus sein müsse, Betroffenen zu einem Recht auf Aufarbeitung und Akteneinsicht zu verhelfen. Der Staat müsse sich zu seiner Verantwortung bekennen, Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nicht verhindert zu haben.

Die Chance, dies ebenfalls gesetzlich festzuhalten, sei nun gegeben.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Das Bundesfamilienministerium erarbeite derzeit federführend den Gesetzentwurf. Claus betonte, dass sie sich hierbei für einen stärkeren Fokus auf eine staatliche Verantwortungsübernahme für Aufarbeitung einsetzen wolle. Das Gesetz müsse zudem spätestens im kommenden Sommer vorliegen, damit es noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt und angewandt werden könne.

Rixen ist seit 2016 Berater der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz. Seit dem vergangenen Juni ist er zudem vom Land Nordrhein-Westfalen benanntes Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission des Erzbistums Köln.

Hintergrund: Ackermann gibt Amt des Missbrauchsbeauftragten auf

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann wird das Amt des Missbrauchsbeauftragten der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zur Herbstvollversammlung in Fulda im September abgeben. Das teilte die Bischofskonferenz am Donnerstag in Bonn mit. Zugleich kündigten die Bischöfe an, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen.

Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA