Lori Walke hat Ende Juli Klage eingereicht. Die Pfarrerin der "United Church of Christ", einer liberalen protestantischen Kirche, und andere Kläger wollen prüfen lassen, ob eine Schule in katholischer Trägerschaft Steuergelder erhalten darf.
Konkret geht es um die "St. Isidore of Seville Catholic Virtual School" im US-Bundesstaat Oklahoma - eine Online-Schule, die unter anderem katholischen Religionsunterricht im Lehrplan stehen hat.
Knappe und umstrittene Entscheidung
Die Erzdiözese Oklahoma City und die Diözese Tulsa hatten im Juni grünes Licht von der Schulverwaltung des Bundesstaates zur Eröffnung von "St. Isidore" erhalten. Eine knappe und heftig umstrittene Entscheidung. Vom August 2024 an soll die Charter-Schule den Unterricht aufnehmen. "Steuergelder dürfen nicht dazu verwendet werden, eine Religion zu fördern", so die protestantische Pfarrerin. "Genau das wird jetzt aber versucht."
In dem Rechtsstreit geht es um die Frage, wie das Verfassungsgebot der Trennung von Kirche und Staat ausgelegt wird. Die katholische Kirche vertritt die Position, Charter-Schulen wie St. Isidore seien trotz staatlicher Finanzierung Privatschulen.
"Charter Schools"
Das Besondere an dem Rechtsstreit ist die Definition von "Charter Schools". Die ersten derartigen Schulen entstanden in den USA Anfang der 1990er-Jahre. "Charter" bezieht sich dabei auf den Vertrag, den die Betreiber mit dem jeweiligen Schulamt abschließen. Es gibt sie in fast jedem US-Bundesstaat – mit steigender Tendenz.
Charter Schools in den USA sind ein wenig so wie in Deutschland die Schulen in freier Trägerschaft, deren Bau und Betrieb vom Staat finanziert wird. Sie sind Teil des öffentlichen Schulsystems und verlangen kein Schulgeld, gelten aber als "Quasi-Privatschulen", weil sie von privaten Organisationen betrieben werden. Sie haben die Freiheit, das Lehrpersonal auszuwählen und die Gestaltung des Unterrichts zu bestimmen.
Im Fall von "St. Isidore" heißt es im Genehmigungsantrag, dass die Schule "an der Evangelisierungsmission der Kirche teilnimmt". Die zuständige Behörde stimmte ausdrücklich zu, die Schule von Staats- und Bundesgesetzen auszunehmen, die im Widerspruch zu katholischen Überzeugungen stehen.
Kritiker sehen Verstoß gegen Diskriminierungsverbot
Das ruft die Kritiker auf den Plan, die in der Haltung der Kirche zu sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Sexualmoral einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Bundesstaates sehen.
Michelle Medley, eine der Klägerinnen, hat erhebliche Zweifel daran, dass "St. Isidore" ihr Kind, das sich als LGBTQ identifiziert, aufnehmen würde.
Diese Befürchtung teilt auch die "National Alliance for Public Charter Schools". Öffentliche Schulen müssten sich an das Diskriminierungsverbot halten, religiöse Schulen hingegen seien ihren Glaubensprinzipien entsprechend nicht daran gebunden. "St. Isidore" sei ein perfektes Beispiel dafür, "wie wir die Trennung von Kirche und Staat untergraben und damit zur Diskriminierung einladen", so die Präsidentin der "Americans United for Separation of Church and State", Rachel Laser. "Das ist genau das, was christliche Nationalisten wollen."
Folgenreiche Genehmigung
Der frühere Generalstaatsanwalt Oklahomas, John M. O"Connor, schrieb vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar eine Stellungnahme, in der er die Genehmigung für "St. Isodore" als "verfassungswidrig" bezeichnete. Das sei Missbrauch der Religionsfreiheit. Seinen Nachfolger Gentner Drummond treibt eine andere Sorge um: Von der Genehmigung könnten vielleicht auch einmal weltanschaulich ganz anders aufgestellte Schulen profitieren.
St. Isidore behauptet, die Schule heiße "Schüler aller Glaubensrichtungen oder ohne Glauben" willkommen. Genau das bezweifeln die Kritiker, die die religiöse Neutralität in Gefahr sehen und auf die Selbstdarstellung der Schule verweisen. Auf deren Website heißt es, die Schüler und ihre Familien müssten bereit sein, "sich mit Respekt an die Überzeugungen, Erwartungen, Richtlinien und Verfahren zu halten".
Nicht auszuschließen, dass der "Fall St. Isidore" vor dem obersten US-Gericht landet, dessen Mehrheit in der Vergangenheit Sympathie für die Vergabe von öffentlichen Mitteln für religiöse Schulen zu erkennen gab.