Belgien: Priester vor Gericht, weil er von Suizidplänen wusste

Diskussion um Beichtgeheimnis

In Belgien muss sich jetzt ein Priester vor Gericht verantworten, weil er von Suizidplänen wusste, aber nichts unternahm. Doch auch in solchen Fällen gilt das Beichtgeheimnis, erklärt Mathias Peter aus der domradio.de-Theologieredaktion.

Beichtgeheimnis auf dem Prüfstand / © Jörg Loeffke (KNA)
Beichtgeheimnis auf dem Prüfstand / © Jörg Loeffke ( KNA )

Über den Fall berichtet die flämische Zeitung "Het Nieuwsblad". Im Oktober 2015 hatte sich der bereits länger unter Depressionen leidende Mann das Leben genommen. Vorher hatte er eine Stunde mit dem Priester telefoniert und Textnachrichten ausgetauscht.

Klage gegen Priester eingereicht

Die Witwe entdeckte die Nachrichten nach dem Tod ihres Mannes und reichte Klage gegen den Priester ein. Sie wirft ihm Untätigkeit vor, obwohl er von den Suizidplänen gewusst habe und die Adresse des Mannes kannte. Der Priester beruft sich auf das Beichtgeheimnis und erklärt, alles getan zu haben, den Mann zu überzeugen, keine voreiligen Entscheidungen zu treffen. 

Der Priester musste sich deshalb vor der Ratskammer, einem Untersuchungsgericht, verantworten. Nach der Anhörung entschieden die Richter, dass der Fall vor einer Strafkammer verhandelt werden soll.

"Das Kirchenrecht ist eindeutig: Ein Priester darf das Beichtgeheimnis nicht brechen, um einen Suizid zu verhindern", betont Matthias Peter aus der domradio.de-Theologieredaktion. "Laut dem Kanon 983 ist es auch unerheblich, ob es zu einer Absolution gekommen ist - also zu einer Lossprechung von den Sünden". Sobald jemand beichten wolle, gelte dies als Beichte. Und die sei auch per Telefon möglich.

Fall könnte weitreichende Folgen haben

Rik Torfs, Professor für Kirchenrecht der Katholischen Universität in Löwen ist der Ansicht, dass der Fall weitreichende Folgen haben könnte.

Priester, die das Beichtgeheimnis brächen, drohe nach Kirchenrecht der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft. Sollte der Priester für schuldig erklärt werden, so Torfs, könnten Priester in Zukunft nur noch wählen was das "kleinere Übel" darstelle: Eine Bestrafung durch die Justiz oder die Kirche.

In Deutschland wird das Beichtgeheimnis zumindest bei Straftaten auch im staatlichen Recht berücksichtigt. "Katholische und evangelische Geistliche sind von der Pflicht zur Anzeige geplanter Verbrechen ausgenommen", erklärt Theologe Peter. Komme es dann zu einem Gerichtsverfahren, könne der Geistliche das Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen und sich auf das Beichtgeheimnis berufen.

Einen Ausweg aus einer ähnlichem Situation wie im aktuellen Fall in Belgien sieht Peter nur in der Aufhebung der Beichtsituation. "Ein Priester muss dann eindeutig klarstellen: Das folgende Gespräch ist keine Beichte mehr." Alles, was nach dieser Aussage geprochen werde, unterliege dann nicht mehr dem Beichtgeheimnis, so Peter. "Danach hat der Geistliche die Möglichkeit, bei einem drohenden Suizid etwa die Ehefrau oder die Familie des Gläubigen zu informieren."


Quelle:
DR , KNA