Benediktiner bieten "Kloster auf Zeit" für junge Männer

"Überlegen, wohin die Reise gehen soll"

Wie ist das Leben als Mönch in Europa, in Südamerika oder Asien? Das können Männer zwischen 18 und 30 Jahren beim Angebot "Kloster auf Zeit" der Benediktiner in Einsiedeln ausprobieren. Pater Thomas Fässler verrät mehr.

Symbolbild Benediktiner in einem Klostergarten / © Bertram Bölkow (KNA)
Symbolbild Benediktiner in einem Klostergarten / © Bertram Bölkow ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie leben selbst im Kloster Einsiedeln, in der Zentralschweiz, und sind noch ziemlich jung, Ende 30. Hat das etwas damit zu tun, dass Sie das Angebot "Kloster auf Zeit" ausgewiesen für junge Männer anbieten? 

Benediktiner Pater Thomas Fässler (Gründer des Kloster auf Zeit für junge Männer): Ja, ich glaube, es ist vor allem auch deshalb, weil junge Männer noch auf der Suche sind, wie es in ihrem Leben weitergehen soll. Sie haben verschiedene Lebensabschnitte zu bewältigen, haben vielleicht das Gymnasium beendet oder gerade ein Studium abgeschlossen. Und das sind dann so günstige Zeitpunkte, sich etwas Zeit zu nehmen und zu überlegen, wohin die Reise eigentlich gehen soll, bevor man sich in etwas Nächstes hineinbegibt. 

 Der Benediktiner Pater Thomas Fässler (privat)
Der Benediktiner Pater Thomas Fässler / ( privat )

Wir haben das auch speziell für jüngere Leute gemacht, damit die, die sich als Gruppe zusammenfinden, im Leben etwa gleich weit sind und ähnliche Fragen und Sehnsüchte haben. 

 

Benediktiner Pater Thomas Fässler, Gründer des Kloster auf Zeit für junge Männer

​"Wir haben das speziell für jüngere Leute gemacht, damit die, die sich als Gruppe zusammenfinden, im Leben etwa gleich weit sind und ähnliche Fragen und Sehnsüchte haben."

DOMRADIO.DE: Obwohl die jungen Leute dann gar nicht als Gruppe in einem Kloster sind... Man kann ja auf vier Kontinenten die Klosterzeit nehmen – in Rom, Israel, England, Frankreich, Argentinien, in den USA und Südkorea. Das kann ganz unterschiedlich aussehen und da ist man unter Umständen auch alleine? 

Pater Thomas: Das stimmt, wobei es hier bei uns in Einsiedeln eine Einführungswoche gibt, wo sich alle Leute treffen. Und die kommen dann auch wieder zusammen, wenn sie ihre Klosterzeit beendet haben und tauschen sich über ihre Erfahrungen aus. Und unsere Erfahrung zeigt, dass sie, auch wenn sie in verschiedenen Klöstern ihre Zeit verbringen, miteinander in Kontakt bleiben, sich austauschen, vielleicht auch miteinander ihre Herausforderungen über die Distanz hinweg meistern. 

DOMRADIO.DE: Wie unterschiedlich kann diese Zeit im Kloster aussehen? 

Pater Thomas: Das ist wirklich völlig unterschiedlich. Also die, die im europäischen Kontext ihre Klosterzeit machen, haben sicherlich eine ähnliche Zeit. In einem südkoreanischen Kloster, wo man unter Umständen im Reisfeld tätig ist, sieht es natürlich schon ganz anders aus, als beispielsweise in Rom mitten in einer Großstadt im Herzen der katholischen Kirche.

Mönch mit Holzkreuz und Rosenkranz / © Friso Gentsch (dpa)
Mönch mit Holzkreuz und Rosenkranz / © Friso Gentsch ( dpa )

Aber etwas Gemeinsames hat man natürlich: Das ist die Struktur des Benediktinerklosters. Man kann ja die Klosterzeit auch in mehreren Klöstern hintereinander verbringen. Und die, die dann zurückkommen, sagen, das war wirklich das Spannendste. Man konnte irgendwie in einen völlig anderen Kontext kommen, in eine andere Kultur. Und doch fühlte man sich zu Hause, weil man etwas Bekanntes wiederfand. 

DOMRADIO.DE: Wer sind die Männer, die das Angebot der Klosterzeit annehmen? 

Pater Thomas: Bislang waren das ganz unterschiedliche Leute. Männer, die Theologie studiert haben, die also wirklich ganz tief im Glauben drin waren, auch vom Wissensstand her. Männer, die den Glauben wieder ganz neu entdeckt haben, die vielleicht zu Kinderzeiten den Glauben mitbekommen haben, sich aber dazwischen wenig um diese Themen gekümmert haben. Oder Männer, die ganz frisch davon gehört haben, dass es Klöster gibt, die aber nicht katholisch sind und kaum Glaubenswissen mitbringen.

Wir haben eine riesige Palette an Interessierten. Dafür ist gerade auch diese Einführungswoche in Einsiedeln da, dass man allen einen "Mindest-Rucksack" mitgeben kann, damit sie sich in den ersten Wochen in einem Kloster nicht überfordert fühlen. 

Pater Thomas

"Wir haben eine riesige Palette an Interessierten und dafür ist gerade auch diese Einführungswoche in Einsiedeln, damit sie sich in den ersten Wochen in einem Kloster nicht überfordert fühlen."

DOMRADIO.DE: Diese Klosterzeit startet wie häufig? 

Pater Thomas: Viermal im Jahr nehmen wir alle neu Startenden zusammen. Das haben wir so gemacht, damit wir nicht für jeden einzeln eine Einführungswoche machen müssen. Verschiedene Mitbrüder bieten dann Module an –beispielsweise wie funktioniert das Chorgebet, wie ein gregorianischer Choral. Es geht auch um die Geschichte des benediktinischen Mönchtums und wie ein Kloster überhaupt organisiert ist, also quasi das Einmaleins des Klosterlebens. 

DOMRADIO.DE: Steckt da auch ein bisschen der Gedanke dahinter, dass mal einer hängenbleibt und richtiger Mönch im Kloster wird?

Benediktinerorden

Die Benediktiner sind die älteste heute noch bestehende klösterliche Bewegung der katholischen Kirche im Westen. Der Orden geht zurück auf die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547). In seiner heutigen Form wurde er 1893 von Papst Leo XIII. (1878-1903) gebildet. Als benediktinisch im weiteren Sinne gelten alle Ordensgemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben, etwa Zisterzienser und Trappisten.

Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy (KNA)
Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy ( KNA )

Pater Thomas: Also, wir haben es nicht primär dafür gemacht, aber wenn jemand die Zeit dafür nutzt, um ganz unverbindlich hineinzuschnuppern, ohne sich selbst oder sich vor allem auch anderen gegenüber erklären zu müssen, im Kloster zu sein – wenn es jemand mit dem Hintergedanken macht, wäre das etwas für mich – freut uns das natürlich umso mehr. Von den Männern, die bislang eine Klosterzeit gemacht haben, gab es tatsächlich den einen oder anderen, der danach einen geistlichen Weg begonnen hat. 

DOMRADIO.DE: Und was bekommen Sie so für Rückmeldungen von den Männern? Was ist so eine Reaktion, von der Sie sagen, das hat mich selber berührt?

Pater Thomas: Von den Leuten, die bei uns in Einsiedeln gelebt haben, bekommt man natürlich die intensivsten Feedbacks. Die haben gespiegelt, wie sie sich bei uns in der Gemeinschaft wohlgefühlt haben. Dass es eine Zeit war, wo sie sich aufgehoben fühlten, wie in einer Familie.

Von allen anderen habe ich immer wieder gehört, wie erstaunt sie waren, wie umgänglich Mönche sein können. Also offenbar haben doch viele das Gefühl, Mönche sind distanziert oder etwas abgehoben. Viele versuchen dann etwas ins normale Leben hinüberzuretten wie Zeiten der Stille oder eine eigene Struktur. Das ist immer wieder berührend zu sehen, dass sie das Gefühl haben, da ist ein Reichtum, den ich auch nutzen kann für mein weiteres Leben. 

Pater Thomas

"Von allen anderen habe ich immer wieder gehört, wie erstaunt sie waren, wie umgänglich Mönche sein können."

DOMRADIO.DE: Und was hören Sie aus den Klöstern in der ganzen Welt? Kam da auch schon mal die Rückmeldung: Wen habt ihr uns denn da geschickt? 

Pater Thomas: (lacht) Wir haben ein relativ strenges Aufnahmeverfahren. Es gibt ganz viele Leute, die sich melden, wo ich letztlich sagen muss: Ich glaube nicht, dass das so funktioniert. Sie reichen bei diesem Bewerbungsprozess auch ein Empfehlungsschreiben ein, wir haben mehrere Interviews zusammen, sie kommen auch mal für zwei, drei Tage zum Probeleben nach Einsiedeln. Und wenn ich das Gefühl habe, das wäre was, dann kann ich die Leute mit ruhigem Gewissen in andere Klöster schicken und hatte da bislang zum Glück auch sehr gute Erfahrungen.

Gestern beispielsweise habe ich in einem Kloster nachgefragt, wie läuft es denn mit unserem Herrn, den wir da geschickt haben? Die haben nur geschwärmt. Und ich glaube, das ist auch ganz wichtig, dass diese guten Erfahrungen ihnen auch das Vertrauen geben: Der Neue ist quasi auf Herz und Nieren geprüft. Den nehmen wir, der ist gut. 

Das Interview führte Heike Sicconi. 

Quelle:
DR