DOMRADIO.DE: Wenn Sie von oben auf Rom blicken, wie erleben Sie die Stadt in den Tagen der Synode?
Pater Mauritius Wilde OSB (Prior der Benediktinerabtei Sant'Anselmo in Rom): Das ist alles sehr spannend. Momentan sind ja ganz viele Bischöfe und Laien hier in Rom zur Synode. Das ist eine ganz besondere Atmosphäre, wenn man das Gefühl hat, da geschieht etwas.
Wir sind ja nicht dabei, wir sehen das nur von außen. Man spricht aber hier und da mal mit jemanden, der dabei ist. Ich habe da ein gutes Gefühl.
DOMRADIO.DE: Woher kommt dieses gute Gefühl? Was berichten die Teilnehmer, die mit Ihnen im Gespräch sind?
Wilde: Die dürfen ja nichts über den Inhalt der Gespräche verraten. Aber sie berichten schon von der Atmosphäre. Da sind die Rückmeldung eigentlich durchweg positiv.
Ich habe mit Leuten aus verschiedenen spirituellen Richtungen gesprochen, und man hört eigentlich nur: Es ist eine gute, offene Gesprächsatmosphäre und es scheint, dass das, was der Papst sich für die Synode gewünscht hat, wirklich auch geschieht.
DOMRADIO.DE: Sie verfolgen als Deutscher in Rom natürlich das nicht ganz konfliktfreie Verhältnis zwischen der Kirche in Deutschland und der römischen Kirche. Wie erleben Sie es im Moment?
Wilde: Ich muss sagen, für mich persönlich ist es eine Erleichterung, dass endlich Menschen aus Deutschland, Bischöfe aus Deutschland hierher kommen und mit Vertretern der Weltkirche und der römischen Kurie sprechen, dass man endlich miteinander spricht.
Ich hatte in den letzten Jahren das Gefühl, dass das Gespräch sich doch eher ein bisschen schwierig gestaltete.
Es war zu wenig Kommunikation. Jetzt ist man endlich beieinander – scheinbar auch einmal in lockerer Weise und nicht nur im offiziellen Zusammenhang.
Das ist eine große Entlastung für uns als Deutsche hier, weil wir natürlich auch als Deutsche in Rom hier und da angefragt werden: Was macht ihr dort, was macht ihr im Synodalen Weg?
Jetzt redet man endlich miteinander in einem guten, christlichen Geist, wie mir scheint.
DOMRADIO.DE: Das erleben Sie ja auch hier in Ihrem Haus, wo viele Mitbrüder aus aller Welt zu Gast sind. Was macht so eine Gemeinschaft aus? Was trägt eine Gemeinschaft?
Wilde: Wir haben das Glück, dass alle Mönche hier – es sind über 100 – nach der Regel des Heiligen Benedikt leben. Das ist unsere Basis.
Und obwohl wir aus 41 verschiedenen Ländern kommen und sehr unterschiedliche Kulturen haben, unterschiedliche Weisen zu kommunizieren, zu essen, zu beten, kann man auf dieser Basis der Benediktsregel gut miteinander leben.
Im Grunde haben wir hier in Sant'Anselmo auch immer eine kleine Synode – die Weltkirche kommt zusammen, und entscheidend ist, dass man demütig bleibt und versucht, voneinander zu lernen.
DOMRADIO.DE: Wie laufen denn Entscheidungsfindungsprozesse in so einer Gemeinschaft? Manche Sachen müssen ja entschieden werden. Wie funktioniert das? Demokratisch per Abstimmung oder entscheidet der Abt?
Wilde: Wir halten uns da an die Benediktsregel. Die besagt: Kleinere, unwichtigere Entscheidungen können die Hierarchen oder Senioren übernehmen – da macht es die Leitung.
Bei Angelegenheiten, die wirklich alle betreffen und ganz wichtig sind, soll man aber die Gemeinschaft versammeln. Wir haben dafür dann Dekanien und Kleingruppen, die miteinander diskutieren.
Wir haben das Kapitel, wo man miteinander redet. Schließlich braucht man Zeit, um sich gegenseitig zuzuhören. So kommen wir – meine ich – meistens doch zu guten Entscheidungen.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.