Die schottische Kommission zur Untersuchung von Kindesmissbrauch hat einen Bericht zu Vorfällen in katholischen Kinderheimen vorgelegt. Demnach wurden Tausende Kinder, die in von Nazarethschwestern geführten Waisenhäusern in Schottland untergebracht waren, Opfer von Misshandlungen, Demütigungen und in manchen Fällen sexuellen Missbrauchs "der schändlichsten Weise", wie britische Medien (Freitag) aus dem Bericht zitieren.
Für viele Kinder seien die vier Heime des katholischen Ordens in Aberdeen, Cardonald, Lasswade und Kilmarnock "Orte der Angst" gewesen, an denen sie "ungestraft körperlich missbraucht und emotional degradiert" wurden, erklärte die Leiterin der Untersuchungskommission, Anne Smith.
Kinder regelmäßig mit Kruzifixen geschlagen
Die Kommission hatte Ende vergangenen Jahres nahezu einen Monat lang Berichte von ehemaligen Waisenkindern der Häuser gehört, die sich auf Vorfälle in den Jahren von 1933 bis 1984 bezogen. In dem 140 Seiten umfassenden Bericht wird geschildert, dass Kinder "regelmäßig mit Gürteln, Stöcken, Besenstielen und Kruzifixen geschlagen" wurden, Bettnässer in Eiswasser gebadet wurden oder ihre nassen Laken tragen mussten. Ebenso habe man Kinder zum Essen gezwungen, selbst wenn dies zu Erbrechen führte.
Die Nazarethschwestern reagierten mit einer Stellungnahme auf den Bericht. Darin entschuldigten sie sich "von ganzem Herzen und vorbehaltlos" bei allen Kindern, die dieses Leid erlebt haben. Man sei sich seines "Versagens gegenüber den Kindern von damals bewusst" und wisse auch, "dass keine Entschuldigung diese Kindheitserfahrungen wieder gutmachen könne", heißt es weiter.
Missbrauch in England und Wales
Die Untersuchungskommission zu Kindesmissbrauch in England und Wales (IICSA) hat am Donnerstag einen Zwischenbericht zu Missbrauchsfällen in religiösen Institutionen vorgestellt, der auf den Aussagen von mehr als 180 Missbrauchsopfern beruht. Laut Medienberichten (Freitag) ist der Bericht ein "schockierendes Zeugnis" dessen, wie "Kinder zum Schweigen gebracht" wurden.
Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass sie den Missbrauch aus Scham (37 Prozent) oder aufgrund von Schuldgefühlen (18 Prozent) zur Zeit der Vorfälle für sich behielten. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit, dass Missbrauchsopfer nicht-religiöser Institutionen Übergriffe vermelden (69 Prozent), wesentlich höher, als Betroffene, deren Missbrauch in einem religiösen Kontext stattfand (54 Prozent), heißt es in dem Bericht weiter.
Scham- und Schuldgefühle der Opfer
Ein Fünftel der Befragten gab außerdem an, dass der Missbrauch bei ihnen zu einem anhaltenden Glaubensverlust geführt habe. Befragt wurden Menschen verschiedener Glaubensrichtungen und Konfessionen zu Vorfällen aus der Zeitspanne von 1940 bis 2010.
Laut der leitenden Forscherin des Untersuchungsberichts, Sophia King, waren neben Scham- und Schuldgefühlen die Macht und Autorität, die den Tätern zugesprochen wurde, die "größten Barrieren" für die Offenlegung der Taten durch die Betroffenen.