Berliner Volksbegehren für Religionsunterricht beendet - Kirche danken Initiative "Pro Reli"

Mut bringt Erfolg

Nun steht es also fest: mehr als 300.000 Stimmen hat die Berliner Initiative "Pro Reli" nach eigenen Angaben in den vergangenen vier Monaten für eine freie Wahl zwischen Religions- und Ethikunterricht gesammelt. Auch bei einem Abzug von erfahrungsgemäß rund 10 Prozent ungültiger Stimmen hätte sie demnach die Hürde von 170.000 Unterschriften locker genommen. Mit Erreichen dieser Zahl, die 7 Prozent der stimmberechtigten Berliner entspricht, kann jetzt ein Volksentscheid stattfinden.

 (DR)

Mit diesem Schritt will die ökumenische Bürgerinitiative erreichen, dass der Religionsunterricht zum gleichberechtigten Alternativfach mit Ethik wird. Dabei wird sie vor allem von den Kirchen, der CDU und FDP, der Jüdischen Gemeinde und islamischen Verbänden unterstützt. Rückendeckung erhält «Pro Reli» aber auch von prominenten Sozialdemokraten wie Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse und der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles sowie der früheren grünen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer..

Laut Grundgesetz ist der Religionsunterricht ein ordentliches Unterrichtsfach. Ausnahmen sind jedoch für die Bundesländer möglich, in denen vor dem 1. Januar 1949 eine andere Regelung bestand. Auf diese sogenannte Bremer Klausel beruft sich das Land Berlin. Dort hat der Religionsunterricht faktisch den Rang einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft. Er wird zwar in der Schule, aber in alleiniger Verantwortung der Religionsgemeinschaften erteilt.

Unbehagen an dem Sonderstatus gibt es seit langem, etwa weil Religion zumeist nur in Randstunden angeboten wird. Die Kritik verschärfte sich, als die SPD/PDS-Koalition vor gut zwei Jahren ein staatliches Ethikpflichtfach ab der siebten Klasse etablierte. Es führte in den betroffenen Klassen dazu, dass die Anmeldungen zum Religionsunterricht um bis zu 30 Prozent zurückgingen. An manchen Schulen kann das Fach deswegen nicht mehr angeboten werden.

Über einen Termin für einen Volksentscheid gibt es bereits jetzt Streit. Während die Initiative, die Berliner CDU, FDP und die Grünen für eine Zusammenlegung mit dem Tag der Europawahl am 7. Juni plädiert, spricht sich der Senat für einen möglichst schnellen Termin aus. Um ihr Anliegen endgültig durchzusetzen und eine Änderung des Schulgesetzes zu erreichen, benötigt die Initiative die Stimmen von mindestens 610.000 Berlinern; das sind ein Viertel der Stimmberechtigten.

Zumindest theoretisch möglich ist aber auch, dass sich nach einem erfolgreichen Volksbegehren, das längst bundesweit Beachtung gefunden hat und als ein Gradmesser für die Mobilisierungsfähigkeit der Kirchen gilt, Berliner Abgeordnetenhaus und Initiatoren von «Pro Reli» zusammenfinden und einen Kompromiss aushandeln.

Denkbar wären verschiedene Modelle. Während «Pro Reli» sich etwa ein ordentliches Unterrichtsfach Religion bei verpflichtenden gemeinsamen Einheiten mit dem Ethikunterricht vorstellen kann, hat die Berliner SPD schon signalisiert, dass sie zwar zu Gesprächen bereit sei, die Grundlage dafür aber die Beibehaltung der bisherigen Regelung sein müsse. Lediglich eine starke Beteiligung am Rahmenplan von Ethik hat sie den Kirchen in Aussicht gestellt. So dürfte es aller Voraussicht nach bei dieser theoretischen Überlegung bleiben.