Bernhard Vogel hat sich auch maßgeblich in der Kirche engagiert

"Für Laien und synodales Element"

Der CDU-Politiker und ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Bernhard Vogel, ist gestorben. Der Historiker Hermann Wentker analysiert die christlichen Wurzeln des Wirkens des Ausnahmepolitikers.

Autor/in:
Heike Sicconi
Bernhard Vogel, ehemals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, ist am 02.03.2025 verstorben / © Uwe Anspach (KNA)
Bernhard Vogel, ehemals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, ist am 02.03.2025 verstorben / © Uwe Anspach ( (Link ist extern)KNA )

DOMRADIO.DE: Bernhard Vogel engagierte sich schon in seiner Jugend für die katholische Kirche. Viele sagen sogar, dass ihm dieses Engagement wichtiger war als die Schule selbst. Kann man das so sagen? 

Prof. Dr. Hermann Wentker (privat)
Prof. Dr. Hermann Wentker / ( privat )

Prof. Dr. Hermann Wentker (Historiker und Leiter der Abteilung Berlin des Instituts für Zeitgeschichte): Er hat sich Zeit seines Lebens für die katholische Kirche engagiert. Das war ihm zweifellos sehr wichtig. Er hat sich selbst in seinen Erinnerungen als schlechten Schüler bezeichnet. 

Sein kirchliches Engagement damals im Bund Neudeutschland, so schreibt er, sei erfolgreicher gewesen. Er erzählt letztlich, dass er dazu animiert wurde, eine Gruppe im Rahmen des ND, wie man damals sagte, zu gründen, hat das auch getan und erzählt auch begeistert von den Aktivitäten, die diese Gruppe dann machte. 

Bodo Ramelow (Linke, l), Thüringens Ministerpräsident, bedankt sich am 21.12.2022 bei Bernhard Vogel im Thüringer Landtag zum Festakt aus Anlass "30 Jahre CDU-Fraktion im Thüringer Landtag" sowie des 90. Geburtstages von Bernhard Vogel für dessen Verdienste / © Michael Reichel (dpa)
Bodo Ramelow (Linke, l), Thüringens Ministerpräsident, bedankt sich am 21.12.2022 bei Bernhard Vogel im Thüringer Landtag zum Festakt aus Anlass "30 Jahre CDU-Fraktion im Thüringer Landtag" sowie des 90. Geburtstages von Bernhard Vogel für dessen Verdienste / © Michael Reichel ( (Link ist extern)dpa )

DOMRADIO.DE: Inwieweit hat die Katholische Soziallehre seine Politik geprägt? 

Wentker: Das ist etwas schwieriger zu beantworten. Vielleicht am ehesten als Kultusminister in Rheinland-Pfalz in den Jahren 1967 bis 1976. Ansonsten konnte er seine Politik als Ministerpräsident schlecht nur auf einen Punkt konzentrieren. 

Er hatte ja sehr viele Aufgabenfelder und hier entschied er meist pragmatisch. Wobei man natürlich immer sagen muss, dass das christliche Menschenbild in allem, was er tat, für ihn die Grundlage war. 

DOMRADIO.DE: Geprägt wurde Vogel sicherlich auch von den katholischen Reformbewegungen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Wie hat er den Umbruch in der Kirche begleitet? Schließlich hatte er auch die Präsidentschaft des revolutionären Katholikentags in Essen übernommen.

Wentker: Ja, das ist richtig. Hier ist hervorzuheben, dass er versuchte, die unterschiedlichen Gruppierungen, die es damals gab, vor allem die Gruppierungen, die der katholischen Hierarchie kritisch gegenüberstanden und die dann auch auf dem Katholikentag in Essen lautstark hervortraten, zu integrieren und ihnen auch ein gewisses Gehör zu verschaffen. 

Kurienkardinal Gustavo Testa (l.) und der Essener Bischof Franz Hengsbach 1968 auf dem Katholikentag in Essen / © N.N. (KNA)
Kurienkardinal Gustavo Testa (l.) und der Essener Bischof Franz Hengsbach 1968 auf dem Katholikentag in Essen / © N.N. ( (Link ist extern)KNA )

Zentral war für ihn, dass er die Laien stärker beteiligen wollte und auch das synodale Element in der katholischen Kirche stärken wollte. 

DOMRADIO.DE: Als größtes Abenteuer seines Lebens hat Vogel seine Zeit im Osten Deutschlands bezeichnet. Als Wessi war er in Thüringen als Ministerpräsident äußerst beliebt. Wie ist ihm das gelungen, als Westdeutscher so beliebt zu sein? 

Hermann Wentker

"Vogel war schon vor 1990 an der DDR interessiert."

Wentker: Vogel war schon vor 1990 an der DDR interessiert, aus einem gesamtdeutschen Bewusstsein heraus. Er hat schon vor 1990 elf Reisen in die DDR unternommen und die waren fast immer privater Natur. Er wollte also dorthin, um Land und Leute kennenzulernen. Das war seine entscheidende Antriebskraft. 

Mauerfall in Berlin / © DB (dpa)

Und nach 1992 konnte er dann als Ministerpräsident in Thüringen daran anknüpfen. Er startete nicht nur mit Elan in seiner Arbeit, sondern er nutzte auch die Wochenenden für ausgedehnte Wanderungen. Er schreibt in seinen Erinnerungen, dass er Thüringen an zehn Wochenenden erwanderte. Das muss man sich einmal vorstellen. 

Das waren jeweils Wanderungen von 50 bis 60 Kilometern. Und auf diese Weise kam er dann auch in Kontakt mit den lokalen Autoritäten, mit Bürgermeistern, aber auch mit den ganz normalen Bürgern und Bürgerinnen. 

Hermann Wentker

"(Bernhard Vogel) besuchte in den Jahren 1992 und 1993 alle Kreise und kreisfreien Städte Thüringens."

Außerdem nahm er, wie auch schon in Rheinland Pfalz, sogenannte Kreisbereisungen vor und besuchte in den Jahren 1992 und 1993 alle Kreise und kreisfreien Städte Thüringens. 

So verschaffte er sich nicht nur ein Bild von Land und Leuten, sondern so konnte er sich auch mit Thüringen richtig identifizieren. Und vor dem Hintergrund der ganzen Begegnungen nahmen ihm die Menschen das auch ab. 

Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (1976-1988) und Thüringen (1992-2003), Bernhard Vogel (CDU), hält am 17.12.2012 im Bundesrat in Berlin, neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Festschrift zu seinem 80. Geburtstag in den Händen / © Stephanie Pilick (dpa)
Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (1976-1988) und Thüringen (1992-2003), Bernhard Vogel (CDU), hält am 17.12.2012 im Bundesrat in Berlin, neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Festschrift zu seinem 80. Geburtstag in den Händen / © Stephanie Pilick ( (Link ist extern)dpa )

DOMRADIO.DE: Bernhard Vogel war auch lange Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Wie würde er die Reformbemühungen der katholischen Kirche heute sehen? Kann man das sagen? 

Wentker: Das ist natürlich sehr schwierig. Aufgrund der Erinnerungen, die ich gelesen habe, lässt sich das leider nicht sicher sagen. Ich vermute, er hätte wie in den 60er und 70er Jahren sich für die Stärkung des synodalen Elements in der Kirche eingesetzt. Und wahrscheinlich wäre er auf der Seite der Reformkräfte gestanden. 

Das Interview führte Heike Sicconi.

Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist das höchste repräsentative Gremium des deutschen Laien-Katholizismus. Es vertritt die katholischen Laien bei der gesellschaftlichen Meinungsbildung und ist das von der Bischofskonferenz anerkannte Organ zur Koordinierung des Laienengagements in der Kirche. Allerdings melden sich immer wieder auch einige katholische Laien und Vereinigungen zu Wort, die das ZdK nicht als ihre Vertretung verstehen.

Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)  / © Harald Oppitz (KNA)
Das Kreuz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Harald Oppitz ( (Link ist extern)KNA )
Quelle:
DR

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