Betroffenenrat ist erleichtert über Weihbischofs-Rücktritt

"Fehler müssen benannt werden"

Der Hildesheimer Weihbischof Bongartz ist vorzeitig zurückgetreten. Als Personalchef werden ihm Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern vorgeworfen. Norbert Thewes, ein Sprecher des Betroffenenrates Nord, hält diesen Schritt für nötig.

Autor/in:
Johannes Schröer
Norbert Thewes, Sprecher des Betroffenenrats Nord / © Michael Althaus (KNA)
Norbert Thewes, Sprecher des Betroffenenrats Nord / © Michael Althaus ( KNA )

DOMRADIO.DE: Als Sie heute davon hörten, dass der Papst das vorzeitige Rücktrittsgesuch von Weihbischof Heinz-Günter Bongartz angenommen hat, wie war da Ihre Reaktion?

Norbert Thewes (Einer von drei Sprechern des Betroffenenrates Nord): Ich war erleichtert, weil wir als Betroffene aus dem Bistum Hildesheim  schon 2022 in einem offenen Brief den Weihbischof Bongartz zum Rücktritt aufgefordert haben, weil das Aufarbeitungsgutachten, das damals auch veröffentlicht worden ist, ihm massives Fehlverhalten vorgeworfen hat - in seiner Zeit als Personalchef, wo er auch die Verantwortung für viele Täter hatte.

Weihbischof Heinz-Günter Bongartz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Weihbischof Heinz-Günter Bongartz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE Nun heißt es in der Pressemitteilung des Bistums Hildesheim, Bongartz sei aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Dann werden all seine Verdienste aufgezählt. Ist das ein angemessener Umgang mit einem Mann, der nachweislich als Personalchef Fehler gemacht hat in Fällen sexualisierter Gewalt von Geistlichen?

Thewes: Wir erleben so ein Verhalten auch in anderen Bistümern. Der Osnabrücker Bischof Bode ist im letzten Jahr zurückgetreten – da hieß es auch erst einmal aus gesundheitlichen Gründen – und dann mit dem Zusatz, dass er auch Fehler gemacht hätte in der Aufarbeitung und im Umgang mit sexualisierter Gewalt und den Umgang mit Betroffenen. 

Norbert Thewes

"Es muss deutlich benannt werden, wenn jemand Fehler macht!"

Im Fall Bongartz, finde ich, dass es zu kurz gegriffen ist, wenn das Bistum Hildesheim nur von seinen Verdiensten redet. Sicherlich hat er auch Verdienste, sicher auch in seiner Tätigkeit als Personalchef und auch als Weihbischof, aber ich finde, wenn er sich da den Titel gibt: “In der Spur der Betroffenen gehen”, das hat er seit 2021 immer wieder auch propagiert in der Öffentlichkeit, dann ist das, was er getan hat, zu wenig. 

Und ich finde, es muss auch benannt werden, dass da Fehler gemacht worden sind und nicht irgendwie herumgeredet wird, dass es vielleicht an der falschen Darstellung oder Interpretation von Studien liegt. Es muss deutlich benannt werden, wenn jemand Fehler macht!

DOMRADIO.DE: Nun ist Weihbischof Bongartz nach Bischof Bode der zweite Bischof, also der zweiter hohe, verantwortliche Geistliche, der nach Missbrauchsvorwürfen zurückgetreten ist. Ist das ein Umgang, den Sie begrüßen?

Thewes: Zunächst ist es etwas, was wir begrüßen. Bischof Bode war ja der erste Bischof, der sein Rücktrittsgesuch dann auch an den Papst gesandt hat und der dann angenommen wurde. Letztendlich wäre es die konsequentere Handlung gewesen. Das sind doch alles erwachsene Menschen. Sowohl Bischof Bode als auch Weihbischof Bongartz – oder auch der beschuldigte Hamburger Erzbischof Heße oder ein Kardinal Woelki. 

Letztendlich sind es erwachsene Menschen, die, wenn sie Fehler machen und diese Fehler so eklatant werden, auch in den Augen anderer, also nicht in ihren eigenen Augen, dann doch sagen müssten: Ich trete aus eigenen Stücken zurück und mache es nicht abhängig von einer Entscheidung des Papstes.

Norbert Thewes

"Eine große Erleichterung!"

DOMRADIO.DE Aber es ist nun mal die Struktur der katholischen Kirche, dass der Rücktrittsgesuch zunächst nach Rom geht und der Papst dann entscheidet. Dann kann man doch nur auf diese Entscheidung warten.

Thewes: Das ist richtig. Erst einmal gibt es aber von der Seite von vielen Betroffenen, die mich auch heute Morgen schon nach dem Rücktritt kontaktiert haben, eine große Erleichterung, dass das Rücktrittsgesuch von Bischof Bongartz angenommen worden ist. Bedenklich finde ich indes schon die Äußerungen der offiziellen Seite im Bistum Hildesheim, dass es da nur Lobeshymnen gibt.

Hildesheimer Dom / © telesniuk (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie jetzt den Umgang mit sexualisierter Gewalt auch von Verantwortlichen ein? Ist das ein sehr konsequentes Reagieren?

Thewes: Weihbischof Bongartz hat als Personalchef damals nicht immer konsequent gehandelt, um Schaden von Betroffenen abzuwenden. Dass er jetzt das Rücktrittsgesuch eingereicht hat - wohl erst einmal im Sprachgebrauch des Bistums aus gesundheitlichen Gründen - ist für uns ein sehr konsequentes Handeln. Sein inkonsequentes Handeln war immer auch für viele Betroffene ein Stein des Anstoßes, und der wird nun beseitigt.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet denn dieser Rücktritt für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt.

Thewes: Dadurch, dass wir immer wieder auf das Fehlverhalten von Weihbischof Bongartz hingewiesen haben, zuletzt auch noch einmal vor dem Priesterrat, wo wir die Studie vorgestellt haben, ist es etwas, was uns jetzt Hoffnung macht. Es macht Hoffnung, dass auch vielleicht Bistumspersonal, das fehlerhaft handelt, ganz konsequent ist und den Rücktritt einreicht oder den Rücktritt beantragt.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Quelle:
DR