Betroffenensprecher Norpoth kritisiert Synodalen Ausschuss

Kein Platz für Betroffene?

Ab Freitag tagt in Mainz der Synodale Ausschuss. Johannes Norpoth ist dabei, allerdings nicht als Betroffener sexualisierter Gewalt, sondern als ZdK-Mitglied. Kritik übt er nicht nur an der Organisation, sondern auch am Vatikan.

Bischof Georg Bätzing und Irme Stetter-Karp / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Georg Bätzing und Irme Stetter-Karp / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Als der Synodale Weg 2019 ins Leben gerufen wurde, war das explizite Ziel, die Ursachen sexualisierter Gewalt in der Kirche zu bekämpfen. Bei der ersten Vollversammlung waren Betroffenenvertreter gar nicht geladen. Sie sind nun beim Synodalen Ausschuss dabei - vom ZdK berufen allerdings. Fühlen Sie sich mit Ihren Anliegen im Synodalen Ausschluss richtig repräsentiert? 

Johannes Norpoth / © Maximilian von Lachner (SW)
Johannes Norpoth / © Maximilian von Lachner ( SW )

Johannes Norpoth (Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz): Das ist eine sehr schwierige Frage, die man auch in der Form nur schwer oder mithin gar nicht beantworten kann. Man muss einfach feststellen: Die Satzung, die Zusammensetzung des Synodalen Ausschusses, berücksichtigt strukturell Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche erst mal gar nicht. Also es ist kein Platz vorgesehen im Sinne einer Reservierung, einer Fraktion, einer Gruppe, was auch immer.

Die Situation, dass ich Mitglied im Synodalen Ausschuss bin, ist eher dem Zufall geschuldet, dass ich Einzelpersönlichkeit im ZdK bin und über dieses Ticket in den Ausschuss entsandt worden bin. Aber explizit - und da lege ich persönlich Wert darauf - nicht als Betroffenenvertreter. Insofern gibt es strukturell zunächst erst mal keine Vertretung der Betroffenensicht im Synodalen Ausschuss.

DOMRADIO.DE: ... aber?

Norpoth: Natürlich bringe ich mich selber mit meiner Geschichte ein. Darüber brauchen wir ja nicht zu reden. Sie sagen als Betroffener nicht: heute komme ich als ZdK-Mitglied und heute als Betroffener. Nein, Sie bringen sich immer mit dieser Geschichte in diese Kirche und für die Weiterentwicklung dieser Kirche ein. Insofern ist das schwer zu trennen. 

Johannes Norpoth

"Erneut ist es wieder dazu gekommen, keine strukturelle Einbindung von Betroffenen zu ermöglichen. Das ist nicht gut."

Es wäre aber ein anderes Zeichen gewesen, wenn sich die Synodalversammlung, die ja schon zu Beginn keine Betroffenen strukturell in die Tagung eingebunden hat, beim Synodalen Ausschuss dazu entschieden hätte auch den Betroffenen eine eigene Positionierung einzuräumen.

Der Synodale Weg ist aus der Hilflosigkeit der Bischofskonferenz entstanden, die systemischen Gründe des Missbrauchs in der katholischen Kirche zu bekämpfen. Und erneut ist es wieder dazu gekommen, keine strukturelle Einbindung von Betroffenen zu ermöglichen. Das ist nicht gut. 

DOMRADIO.DE: Das ZdK hat bei seiner Vollversammlung die Weiterarbeit am Synodalen Ausschuss erstmal unter Vorbehalt gestellt und eine Aussprache zur Verbindlichkeit der Reformen der Bischöfe gefordert. Was erwarten Sie, könnte das Gremium von Seiten der Laien, die Sie auch vertreten, vor Ort platzen?

Norpoth: Das ist eine Antwort, die ich Ihnen nicht geben kann. Ich habe die Ahnung, dass dem nicht so sein wird. Das ZdK hat in seiner Sitzung in Erfurt allerdings mit der Beschlusslage noch mal sehr deutlich gemacht, dass den Bischöfen wirklich die Frage ihrer eigenen Ernsthaftigkeit gespiegelt werden muss.

Wie ernst kann ich diese Seite im Synodalen Ausschuss nehmen? Wie ernst können wir die Bischöfe nehmen in ihren Bemühungen, die systemischen Ursachen des Missbrauchs tatsächlich bekämpfen zu wollen? Ich erhoffe mir daher von der nächsten Sitzung am Freitag mindestens einmal eine intensive Reflexion des eigenen Verhaltens der Bischöfe. 

DOMRADIO.DE: Vier konservative Bischöfe haben ihre Mitarbeit im Synodalen Ausschuss im Frühjahr bereits verneint. Das heißt, eine hundertprozentige Zustimmung der Bischöfe kann es gar nicht geben. Repräsentiert das Gremium dann überhaupt die Kirche in Deutschland, wenn vier Bistümer von hierarchischer Seite gar nicht vertreten sind?

Norpoth: Die Türen sind offen. Der Synodale Ausschuss - und ich glaube, auch die Mitbrüder der vier, die nicht dabei sind - haben noch mal sehr deutlich formuliert, dass jeder zur Mitarbeit eingeladen ist. Wer diese Einladung nicht annimmt, muss das an dieser Stelle vor sich selber und am Ende auch vor seinem Bistum verantworten können. 

Johannes Norpoth

"Wer diese Einladung nicht annimmt, der muss das (...) am Ende auch vor seinem Bistum verantworten können."

Ich kann das nicht nachvollziehen, zumal ja aus Rom mindestens das Stoppschild jetzt erst mal in die Ecke gestellt worden ist und wir gemeinsam miteinander in den Diskurs gehen könnten. Ich bedauere ausdrücklich, dass diese vier nicht dabei sind, weil sie natürlich auch bestimmte Positionen innerhalb der katholischen Kirche, nicht nur der Weltkirche, sondern auch der Kirche in Deutschland, widerspiegeln, die so innerhalb des des Synodalen Ausschusses nicht vertreten werden.

Das ist für einen breiten Diskurs um die Weiterentwicklung der katholischen Kirche und die Bekämpfung der systemischen Ursachen nicht gut. Insofern hätten sie besser daran getan, von ihren kirchenrechtlichen Argumentationen abzugehen und in die Diskussion einzusteigen und für sich auch diesen Raum zu nutzen. Das sie das nicht tun, verstehe ich nicht. 

DOMRADIO.DE: Im Frühjahr gab es eine Aussprache der deutschen Bischöfe mit dem Vatikan, wie es mit den Reformen weiter gehen soll, alle weiteren Schritte haben demnach vom Vatikan abgesegnet zu werden. Hat sich eigentlich irgendjemand aus dem Vatikan mal bei Ihnen als Betroffenen gemeldet und ihre Sicht auf die Lage erfragt?

Norpoth: Der Vatikan hat sich bei mir natürlich noch nicht gemeldet und auch bei anderen Mitgliedern des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz nicht. Das würde mich auch schwer wundern, weil das nicht ins Bild passt. Eine grundsätzliche und systemische Diskussion mit Betroffenen zu führen, findet eigentlich im Raum der Kirche kaum, mithin gar nicht statt. 

Insofern wundert es mich auch nicht, dass sich aus Rom keiner meldet. Wenn denn schon die Diskussionen oder die Kommunikation zwischen Rom und den eigenen Bischöfen nur eingeschränkt und schwierig möglich ist, dann will ich auch gar nicht erwarten, dass die Römer sich an dieser Stelle auf den Weg machen, um mit Betroffenen, mit deutschen Betroffenen zu reden, also mindestens mit denjenigen, die zum Beispiel auf dem Synodalen Weg dabei waren - das waren wesentliche Teile des Betroffenenbeirates bei der Deutschen Bischofskonferenz - oder mit Betroffenen in einzelnen Diözesanbeiräten.

Da gibt es ganz viele Betroffene, die sich an dieser Stelle auch für die Weiterentwicklung dieser Kirche engagieren. Und das, obwohl sie Grauenhaftes erlebt haben und eine Arbeit übernehmen, die eigentlich Aufgabe der Kirche selbst ist. 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Synodaler Ausschuss

Der Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des Reformprojekts Synodaler Weg zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll unter anderem die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. In diesem neuen Gremium wollen Bischöfe und Laien ihre Beratungen über mögliche Reformen in der Kirche fortsetzen, die sie bei dem 2019 gestarteten Synodalen Weg begonnen haben.

Symbolbild Synodaler Weg / © Maximilian von Lachner (SW)
Symbolbild Synodaler Weg / © Maximilian von Lachner ( SW )
Quelle:
DR