DOMRADIO.DE: Sie haben Ihre Doktorarbeit über Bibelgärten geschrieben. Was genau ist ein Bibelgarten?
Stückrath: Ein Bibelgarten ist ein Garten, in dem man Pflanzen sehen kann, die in der Bibel erwähnt werden. Diese biblischen Pflanzen können noch durch Pflanzen ergänzt werden, die in unserer christlichen Tradition wichtig sind: Marienpflanzen, Jakobskraut und alle Pflanzen, die christliche Namen haben.
DOMRADIO.DE: Welche Pflanze sollte in keinem Bibelgarten fehlen?
Stückrath: Weinstock und Feigenbaum sind die meist erwähnten Pflanzen in der Bibel. Wein und Feige waren die wichtigsten Nahrungsmittel der Menschen. Weizen und Gerste kommen auch sehr viel vor und werden praktisch in allen Bibelgärten gezeigt.
DOMRADIO.DE: In Deutschland gibt es ganz andere klimatische Bedingungen als im Heiligen Land zur Zeit Jesu. Ist das ein Problem?
Stückrath: Unser Klima nähert sich dem mediterranen Klima immer mehr an. Aber tatsächlich ist das für manche Pflanzen ein Problem und sie müssen überwintert werden. Ölbäume und Granatapfel werden meistens im Topf gezeigt und kommen im Winter an einen hellen und kühlen Ort, wo sie vor Frost geschützt sind. Feigenbäume sind inzwischen so gezüchtet, dass sie in praktisch allen Lagen Deutschlands auch überwintern können.
DOMRADIO.DE: Was ist denn die Idee hinter diesem Konzept Bibelgarten?
Stückrath: Menschen, die Bibelgärten pflegen, sind meistens Liebhaber von Pflanzen. Gleichzeitig lesen sie auch gerne die Bibel. Sie möchten gerne biblische Texte vermitteln und das geht besonders gut über die Pflanze. Man kann den Ginster zeigen, unter dem der Prophet Elia gesessen und mit seinem Schicksal gehadert hat. Man kann den Maulbeer-Feigenbaum zeigen, auf dem Zachäus gesessen hat.
Man kann die Pflanzen zeigen, die Jesus in seinen Gleichnissen erwähnt, etwa das Senfkorn, das ein ganz kleines Samenkorn hat und aus dem eine relativ große Pflanze wird. Wenn man diese Pflanzen hat, dann kann man die Geschichten schön dazu erzählen. Das ist für viele Menschen eine anschauliche und handfeste Begegnungsweise mit der Bibel. Das funktioniert für alle Altersklassen.
DOMRADIO.DE: Wie viele Bibelgärten gibt es in Deutschland?
Stückrath: Wir sprechen von ungefähr 200 Bibelgärten im deutschsprachigen Raum. In unserem Netzwerk sind auch einige österreichische und schweizerische Gärten vertreten. Gärten sind natürlich fragile Kunstwerke. Wenn man sie nicht pflegt, dann sind sie in ein, zwei Jahren wieder kaputt. Wie überall ist ehrenamtliches Engagement gefragt.
DOMRADIO.DE: Sie haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, dem Netzwerk Bibelgärten. Ist das ein ökumenisches Netzwerk?
Stückrath: Ja, das ist ein ökumenisches Netzwerk aus Gärten in evangelischen und katholischen und freikirchlichen Kirchengemeinden. Wir haben auch botanische Gärten dabei, Klostergärten, Schulgärten, einzelne Friedhöfe und Parks. Also überall dort, wo Menschen eine Grünfläche zur Verfügung haben und dieses Konzept verwirklichen. Wir haben alle Freude am Austausch und bilden uns auf diesem speziellen Feld fort.
DOMRADIO.DE: Viele denken bezüglich der Bibel auch an den Garten Eden. Spielt der bei Ihnen auch eine Rolle?
Stückrath: Ja, der Garten Eden ist natürlich das wichtigste Anknüpfungskonzept für Gärten. In der Bibel werden aber noch weitere Gärten erwähnt, etwa der Garten Gethsemane. Es gibt auch paradiesische Züge des Lebens, die am Ende der Bibel geschildert werden. Am Ende der Zeiten gibt es eine Stadt mit Bäumen des Lebens an einem Fluss. Paradiesische Vorstellungen sind oft mit Gärten verbunden, auch in der Bibel.
Das Interview führte Hilde Regeniter.