Bischöfe würdigen Theologen Guardini zum 50. Todestag

"Theologe der jetzigen Zeitstunde"

Kardinal Marx und Erzbischof Heiner Koch haben den vor 50 Jahren verstorbenen katholischen Theologen und Philosophen Romano Guardini gewürdigt. Kardinal Marx sieht in den Schriften des Religionsphilosophen Romano Guardini auch aktuelle Bezüge zur Missbrauchsdebatte.

Romano Guardini / © gemeinfrei
Romano Guardini / © gemeinfrei

Die Schriften Guardinis dokumentierten auch ein "Leiden an der Kirche, an Klerikalismus und Selbstherrlichkeit", sagte Marx am Montagabend in einem Gottesdienst zum 50. Todestag Guardinis in München. Es bestünde immer die "Gefahr, dass Kirche den Weg nicht öffnet, den Blick nicht weitet, sondern zur Mauer wird, zu einer Verhinderung des Glaubens, nicht zu einer Hinführung". Die Kirche müsse sich dem Ziel unterwerfen, dem Evangelium Raum zu geben. "Was dabei Hindernis ist, muss weggeräumt werden."

Marx verwies auf die Predigt von Kardinal Julius Döpfner (1913-1976) beim Requiem für Guardini, in der er dessen Theologie unter den Schlagworten "existenzieller Glaube, brüderlicher Glaube und redender Glaube" zusammengefasst habe. In diesen drei Aspekten sei Guardini auch "ein Theologe der jetzigen Zeitstunde", so der Münchner Kardinal.

Seligsprechungsverfahren eröffnet

Der Glaube sei nicht "leere Spekulation", sondern ins Leben hineingestellt. Geschwisterlich sei er, wenn er zusammenführe, eine Gemeinschaft sei und kein "exklusiver Club". "Einen solchen Seligen brauchen wir für unsere Zeit", betonte Marx.

Im Dezember vergangenen Jahres eröffnete der Münchner Kardinal ein Seligsprechungsverfahren für Guardini. Dieser gilt als einer der einflussreichsten katholischen Denker des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Engagement für liturgische Erneuerung und Jugendseelsorge bereitete er den Weg für die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). In Berlin, Tübingen und München hatte er über Jahrzehnte speziell auf ihn zugeschnittene Lehrstühle inne.

Erzbischof Koch: "Wer die Wahrheit sucht, findet sie in Christus"

In Berlin würdigte Erzbischof Heiner Koch Guardini in einem Gedenkgottesdienst am Montagabend in der Sankt-Ludwig-Kirche in Berlin. "Er war zweifelsohne einer der Großen, begnadeter Lehrer der Theologie und Philosophie - und zugleich immer ein Lernender", sagte Koch. Seine Erlebnisse im Nationalsozialismus seien für Romano Guardini (1885-1968) ebenso Lernerfahrungen gewesen wie seine Depressionen.

Guardinis Überlegungen und sein Wirken habe viele Menschen stark geprägt. Für ihn sei Christus die Mitte seines Denkens gewesen: "Wer die Wahrheit sucht, findet sie in Christus, in der Relation zu ihm - das war für Guardini der Maßstab", so Koch.

"Vielleicht kann eine Gesellschaft und jeder Christ im Schauen auf Guardini neu lernen, zu lernen und die Mitte neu zu finden." Der Gottesdienst war Höhepunkt einer Predigtreihe in Sankt Ludwig, die die Berliner Guardini-Stiftung zum 50. Todestag ihres Namensgebers initiierte.

Unter seinen Schülern: Hannah Arendt und Geschwister Scholl

Guardini wurde im italienischen Verona geboren und wuchs in Mainz auf. Dort wurde er 1910 zum Priester geweiht und nahm ein Jahr später die deutsche Staatsbürgerschaft an. Nach Studien in Freiburg und Tübingen habilitierte er sich 1922 in Bonn mit einer Arbeit über den mittelalterlichen Franziskanertheologen Bonaventura.

Kurz darauf wurde er auf den neu errichteten Lehrstuhl für "Religionsphilosophie und Katholische Weltanschauung" an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin berufen, aus der die Humboldt-Universität hervorging. 1939 verfügten die Nationalsozialisten seine Zwangspensionierung.

Zu seinen Schülern und Bewunderern zählten die Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt und die als Hitler-Gegner bekannten Geschwister Scholl. An der Berliner Humboldt-Universität gibt es heute eine Guardini-Stiftungsprofessur.


Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Erzbischof Heiner Koch / © Markus Nowak (KNA)
Erzbischof Heiner Koch / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA
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