Bischöfin Maria Jepsen blickt trotz Rücktritt zufrieden auf 18 Amtsjahre zurück

Das Ende einer Ära

Mit dem Abschied von Maria Jepsen geht in Hamburg eine Ära zu Ende: 18 Jahre lang stand sie an der Spitze ihrer Kirche, als erste evangelisch-lutherische Bischöfin der Welt. Ihr Rücktritt am 16. Juli war dramatisch: Sie übernahm die Verantwortung für kirchliche Missbrauchsfälle aus den 70er und 80er Jahren, die außerhalb ihrer Amtszeit lagen.

Autor/in:
Klaus Merhof
 (DR)

Am Freitagabend (19.11.2010) wurde  sie in Hamburg offiziell verabschiedet werden. Ihre Sonderstellung als Bischöfin behielt Maria Jepsen in Deutschland ab 1992 sieben Jahre lang: Erst 1999 wurde Margot Käßmann als zweite Frau Bischöfin in Hannover. Beide verbindet jetzt das abrupte Ende ihrer Karriere: Käßmann war Ende Februar wegen einer Alkoholfahrt von allen kirchlichen Leitungsämtern zurückgetreten. Während sie jedoch alsbald erneute Medienpräsenz gewann, zog sich Maria Jepsen aus der Öffentlichkeit zurück. Sie verließ Hamburg und lebt jetzt mit ihrem Ehemann Peter in einem hölzernen Schwedenhaus in einer Siedlung am Stadtrand von Husum.



"Meine 18 Amtsjahre waren gut, und der Rücktritt war ein konsequenter Schlusspunkt", sagte Jepsen im Rückblick. Sie habe Schaden von der Kirche und dem Bischofsamt abwenden wollen. "Nötig war ein sichtbares, deutliches Zeichen." Doch resigniert ist die Altbischöfin keineswegs. Sie will als St. Petersburg-Beauftragte der Nordelbischen Kirche künftig die Kontakte zur russisch-orthodoxen Kirche pflegen und nebenher theologische Studien betreiben.



Hamburg vermisst Maria Jepsen dennoch - vor allem wegen der Begegnungen mit vielen Menschen "auf kurzem Weg". So war denn auch die persönliche Präsenz wesentliches Prinzip ihres Amtsstils. Strukturen und Gremien, Bürokratie und Verwaltung waren nicht ihr Fall. "Sprachfähig sein und zuhören können - das ist mir wichtig." Stets suchte sie das direkte Gespräch, unermüdlich war sie in der Stadt unterwegs.



"Kirche muss Stimme der Stummen sein"

Die Mehrzahl ihrer Besuche galten Menschen in sozialen oder diakonischen Einrichtungen und Gruppen an der Kirchenbasis. Aidshilfe, Hospize, Kitas, Krankenhäuser, Obdachlosenunterkünfte: "Kirche muss Stimme der Stummen sein". Doch sie initiierte auch den interreligiösen Dialog, hielt gemeinsame Andachten mit der Jüdischen Gemeinde und Muslimen und pflegte die Ökumene. Das Verhältnis zur katholischen Kirche sei "nirgendwo so gut wie in Hamburg", versicherte sie oft.



Jepsen, 1945 in Bad Segeberg geboren, studierte Altphilologie und Theologie in Tübingen, Kiel und Marburg. Gern erzählt sie davon, dass sie jeden Morgen eine Bibelstelle im Original in griechischer und hebräischer Sprache liest. Von 1972 bis 1990 war sie Pastorin im schleswig-holsteinischen Meldorf und Leck, 1991 übernahm sie im damaligen Kirchenkreis Harburg als erste Frau in Nordelbien das Propstenamt.



Der sonntägliche Gottesdienst gehört für sie zum Kern christlichen Lebens. Die Pastoren ihres Sprengels Hamburg-Lübeck mussten stets damit rechnen, dass die Bischöfin zu ihnen in den Gottesdienst kam. Nicht als offizielle Visitation wollte sie dies verstanden wissen, sondern als einladende Begleitung. "Man sollte als Pastor oder Pastorin nur Gottesdienste feiern, in die man selber gerne geht."