Die Gegenwart sei geprägt von Erfahrungen der Beschleunigung und Entfremdung sowie einer stetig zunehmenden Liste von Anforderungen, sagte der Limburger Bischof am Samstag in Nürnberg bei einer Bibelarbeit des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
"Je älter ich werde und je mehr Lebenserfahrung ich sammeln darf, umso mehr zweifle ich, dass unser Leben - zumal ein gläubiges Leben - als eine simple Abfolge auf einem gerichteten Zeitstrahl zutreffend beschrieben werden kann."
Zeitverständnis der Bibel
Dem entgegen stellte Bätzing das Zeitverständnis der Bibel. Die Auferstehung Jesu, sein Leben und die Gottesherrschaft lägen nicht zurück in ferner Vergangenheit.
"Ostern ist die Quelle. Und aus dieser Quelle entspringt immer neu unser künftiges Leben. Jeder neue Tag, jede Stunde und jedes unserer Jahre schöpfen daraus ihre Lebendigkeit", so der Bischof. "Die Beziehung zu Christus verändert und schafft eine neue Realität, einen neuen Raum."
Das Phänomen der "Gegenwartsschrumpfung", so Bätzing mit einer Formulierung des Soziologen Hartmut Rosa, brauche "Resonanzerfahrung und Räume hierfür, wo ein 'In-Beziehung-Treten' geschieht". Religion ziele nach Auffassung Rosas im Kern darauf ab, solche Räume bereitzustellen. Dazu zähle auch das Zeitkonzept des Kirchenjahres, das sich alljährlich wiederhole.
Bätzing schloss mit den Worten: "Ja, Resonanz, wörtlich eine Beziehung zwischen zwei schwingungsfähigen Systemen, das finde ich ein sehr passendes Bild für das Reich Gottes, das mitten unter uns ist."