Die Einstiegsfrage ist logisch an diesem Abend, an dem es um persönliche Erfahrungen mit Konfessionen gehen soll. Wann er denn zum ersten Mal bemerkt habe, dass es andere als die eigene Glaubensgemeinschaft gibt, wird Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode zu Beginn der ersten Ausgabe der Reihe "Erzählcafe" im Osnabrücker Schloss gefragt. Wer den Bischof ein wenig kennt, kann die Antwort voraussehen: "Mit elf. Ich komme schließlich aus der Nähe von Paderborn."
Ein einziges Mädchen in seiner Klasse sei da evangelisch gewesen, erzählt Bode launig. "Das war klar, das musste ein Flüchtlingskind sein." Und selbst die frühere Mitschülerin habe ihm später auf einem Klassentreffen erzählt, dass sie konvertiert sei und "einen Katholischen" geheiratet habe. Die 400 Zuhörer im Saal sind begeistert.
Grausame Geschichten von Bevormundungen
Doch natürlich bleibt es nicht so locker in dieser Talkrunde, die Teil des Europäischen Stationenwegs zum Reformationsgedenken 2017 ist. Es soll in dem ökumenischen Projekt unter der Überschrift "Wir erzählen Konfession" auch um das gehen, was die Glaubensgemeinschaften trennt, um das, was weh tut, um die Risse, die nicht nur durch Landstriche und Orte, sondern auch durch Familien gehen. Und natürlich ist das Podium in der Schlossaula ökumenisch besetzt.
Osnabrücks Superintendentin Birgit Klostermeier hat damit ihre Erfahrungen gemacht. Noch als junge Pastorin in den 80ern habe sie etwa in Gesprächen mit Traujubilaren, bei denen Mann und Frau aus verschiedenen Konfessionen stammten, grausame Geschichten von Bevormundungen, Kränkungen, Zurückweisungen und Trennungen zu hören bekommen. Sie und Bode erinnern daran, dass insbesondere in sogenannten Mischehen schon die Frage der Trauung und der Kirche, in der diese stattfinden sollte, früher ein großes Problem war. Ebenso die Frage der Kindererziehung zum Glauben. Die katholische Kirche habe lange darauf bestanden, dass die Kinder katholisch aufwachsen.
Nottaufen und Tadelungen
"Da hat es Nottaufen gegeben, damit Neugeborene nicht in die Hölle kommen", erzählt Bode. Und dass die katholischen Bewohner eines Dorfes, die zur Beerdigung des evangelischen Postboten gegangen seien, von ihrem Pfarrer getadelt wurden. "Die mussten alle noch mal zur Beichte vor Ostern", so der Bischof.
Sind solche Zeiten vorbei? Für Bode schon. Er habe nach seiner Kindheit und Jugend in Paderborn immer nur noch in konfessionell "ausgewogenen Gebieten" gelebt und gearbeitet. Und von den wohl 300 Ehen, die er als Priester geschlossen habe, seien mindestens die Hälfte konfessionsverschiedene gewesen. Er habe die Begegnung mit der anderen Konfession stets als "Bereicherung" erfahren, sagt der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz.
Noch immer Trennendes
Bei Klostermeier sitzt da noch ein Stachel. Als kürzlich Kollegen von ihr aus Berlin zu Gast in Osnabrück waren, hätten diese im katholischen Priesterseminar wohnen dürfen. Das sei wunderbare Ökumene und Nachbarschaftshilfe. Allerdings hätten die Schwestern des Hauses, als die evangelischen Theologen am Abend noch eine Abendmahlfeier halten wollten, die hauseigenen Sakralgefäße dafür nicht herausrücken wollen.
Es seien diese Erfahrungen des Trennenden zwischen den Konfessionen, die schmerzten, sagt die Pastorin. Sie hoffe, dass dieser Schmerz die Gläubigen und die Theologen der beiden Kirchen bald zu einer Einigung führe, an dessen Ende die Mahlgemeinschaft aller stehe.
Hoffen auf Ende der Spaltung
Das Trennende zwischen den Kirchen habe er zuletzt sehr deutlich auf der gemeinsamen Pilgerreise katholischer und evangelischer Bischöfe ins Heilige Land empfunden, sagt Bode. Einerseits seien die gemeinsamen Wurzeln nie deutlicher zu spüren und zu sehen gewesen als etwa am See Genezareth. Andererseits komme dann im ökumenischen Gottesdienst der Moment der Eucharistie und mit ihm der Schmerz, dass bei aller Verbundenheit ein gemeinsames Mahl nicht möglich ist. Er hoffe, dass diese Spaltung überwunden wird - wenn die Katholiken etwas evangelischer und die Protestanten etwas katholischer würden.