Bischof hält evangelische Friedensethik als Kompass tauglich

"Böses bricht sich Bahn"

Die 2007 veröffentlichte Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland sei ein "immer noch tauglicher ethischer Kompass zur Frage nach Krieg und Frieden", so der hannoversche Landesbischof Ralf Meister.

Autor/in:
Daniel Behrendt &Michael B. Berger
Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light (shutterstock)
Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light ( shutterstock )

Das Papier, das aktuell überprüft wird, habe allerdings nicht mit einem Aggressor wie Putin gerechnet, sagte Meister im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Noch vor einigen Monaten habe er Kirchengemeinden in der Ukraine besucht und bereits zu jener Zeit überall die schlimmen Verheerungen des russischen Angriffs erlebt.

Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, auf der 12. Generalsynode der VELKD am 9. November 2018 in Würzburg.
Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, auf der 12. Generalsynode der VELKD am 9. November 2018 in Würzburg.

"Heute könnte ich nicht einmal mehr nach Odessa fahren. Es fallen täglich Bomben, Putin nimmt keinerlei Rücksicht und bombardiert gezielt zivile Einrichtungen, Krankenhäuser und Kirchen. Das Böse bricht sich dort in furchtbarer Weise Bahn", sagte der Bischof.

Die Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dokumentiere die schon damals vorhandene Einsicht, "dass die Welt leider nicht ohne Waffen auskommen kann, weil mit dem Bösen im Menschen gerechnet werden muss." Weiter zugespitzt habe sich angesichts eines inzwischen langen und zermürbenden Krieges allerdings die Rolle und die Verantwortung der nicht unmittelbar am Krieg beteiligten Parteien wie der Nato.

"Ein vergleichbar starkes Dilemma bestand damals noch nicht"

"Ein vergleichbar starkes Dilemma, wie die Frage, wie wir der Ukraine bei der Selbstverteidigung beistehen können, ohne dabei weitere Aggressionen Russlands bis hin zu einem Atomschlag zu schüren, bestand damals noch nicht", hob Meister hervor.

Es sei äußerst anspruchsvoll, "den richtigen Punkt zwischen zu viel und zu wenig militärischem Engagement zu treffen, die Ukraine einerseits nicht im Stich zu lassen, den Krieg durch Interventionen Dritter anderseits nicht weiter zu eskalieren. "Dieser Krieg weckt ein neues Maß an Überforderung", erklärte Meister. Deshalb sei es richtig, dass die EKD-Friedensdenkschrift unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges neu bewertet werde.

"Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen"

Die EKD-Synode hatte im Herbst vergangenen Jahres beschlossen, ihre friedensethischen Positionen zu überdenken. Eine sogenannte Friedenswerkstatt soll bis 2025 eine überarbeitete Fassung der Denkschrift vorlegen. Das Papier "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen" entstand unter maßgeblicher Initiative des damaligen EKD-Ratsvorsitzenden, des Theologen und Sozialethikers Wolfgang Huber.

Es stellt klar, dass zur Wahrung und Wiederherstellung des Rechts auch der Einsatz militärischer Gewalt ethisch legitimierbar ist, militärische Mittel seien aber nur als ultima ratio einzusetzen. Es gelte der Primat der friedlichen Konfliktlösung. 

Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist die Gemeinschaft der 20 evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik. Wichtigste Leitungsgremien sind die EKD-Synode mit ihren Mitgliedern, die Kirchenkonferenz mit Vertretern der Landeskirchen sowie der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Rat. Sitz des EKD-Kirchenamtes ist Hannover.

Synode der EKD / © Norbert Neetz (epd)
Synode der EKD / © Norbert Neetz ( epd )
Quelle:
epd