Bischof Neymeyr fordert Schutz der Menschenwürde

"Erst recht von uns Christen"

Das Grundgesetz wird 75. Es beginnt in Artikel 1 mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde. Genau die ist auf vielfältige Weise heute besonders bedroht, sagt Erfurts Bischof Neymeyr. Deswegen ruft er zum Schutz der Menschenwürde auf.

Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf (KNA)
Ulrich Neymeyr / © Dominik Wolf ( KNA )

Der katholische Bischof von Erfurt, Ulrich Neymeyr, ruft zur Verteidigung der Menschenwürde in all ihren Facetten auf vom Anfang bis zum Ende des Lebens. 

Der Weg zum Grundgesetz

Auf die totale Niederlage der Nationalsozialisten 1945 folgte die Besetzung des besiegten Deutschlands. Doch schon bald drifteten die Alliierten in ihrer Besatzungspolitik auseinander. Die Zeichen mehrten sich, dass es zur deutschen Teilung kommen würde - gegen den Willen der meisten westdeutschen Politiker. Hier die Chronologie des Grundgesetzes der Bundesrepublik:

Deutsches Grundgesetz / © Christin Klose (shutterstock)
Deutsches Grundgesetz / © Christin Klose ( shutterstock )

Zum bevorstehenden 75. Jahrestag des Grundgesetzes müsse der Satz von der unantastbaren Würde des Menschen in Artikel 1 verteidigt werden, "erst recht von uns Christen". Das sagte Neymeyr am Donnerstag bei der Männerwallfahrt des Bistums Erfurt an der Wallfahrtsstätte Klüschen Hagis im Eichsfeld.

Gerade der erste Artikel im Grundgesetz sei eine Lehre aus der Nazi-Diktatur, in der die Würde vieler Menschen mit Füßen getreten worden sei: "Juden, Sinti und Roma, Behinderte, Homosexuelle, Menschen mit anderer Hautfarbe, sie galten nicht als Menschen. Ihnen wurde eine Nummer auf den Arm tätowiert. Die Menschenwürde wurde ihnen abgesprochen."

"Heiliges" Asylrecht vor Missbrauch schützen

Neymeyr nannte mehrere konkrete Beispiele zum Thema Menschenwürde. Als erstes ging er auf die Würde Geflüchteter ein. Diese müsse man "wie Menschen behandeln und über sie reden wie über Menschen". Dazu gehöre auch, das Asylrecht zu verteidigen: "Es ist ein heiliges Recht und muss vor Missbrauch geschützt werden".

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr im Gespräch mit Jugendlichen / ©  Harald Oppitz (KNA)
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr im Gespräch mit Jugendlichen / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Bischof rief zudem auf, sich für die Würde von Menschen mit anderer Hautfarbe einzusetzen und dafür, dass alle Menschen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Darüber hinaus ging er auf das Thema Lebensschutz ein und betonte: 

"Wir müssen auch um die Würde des Menschen von Anfang bis zum Ende seines Lebens kämpfen." Für die Kirche gebe es hier keine abgestufte Menschenwürde: "Der Lebensschutz fängt damit an, einen werdenden Menschen willkommen zu heißen, auch wenn er kein Wunschkind ist."

Motive der Politik beim Kampf gegen Abtreibung hinterfragen

Mit Blick auf die Politik ergänzte Neymeyr, jeder Christ müsse sich fragen, "wer in der Politik unseres Landes für Lebensschutz und für das Verbot der Abtreibung steht". Er rief dazu auf, die Motivation mancher Politikerinnen und Politiker kritisch zu hinterfragen, ohne dabei die AfD konkret zu nennen:

"Geht es ihnen um die ungeborenen Kinder oder um den deutschen Volkskörper, dem durch Abtreibungen jährlich mehr als 100.000 nicht geborene Kinder fehlen?"

Mit Blick auf die katholische Kirche ergänzte der Bischof, auch sie müsse dazu lernen , etwa wenn es um die Würde von Menschen mit anderer sexueller Orientierung oder Identität gehe. Hinzu komme, dass Menschen, die sich ihrer eigenen sexuellen Identität nicht sicher seien, Akzeptanz brauchten.

Vatikan-Erklärung zum Thema Menschenwürde

Der Vatikan veröffentlicht kommende Woche ein Papier zur Menschenwürde. Das vatikanische Presseamt kündigte am
Dienstag die Präsentation der Erklärung "Dignitas infinita" an. An der Pressekonferenz am kommenden Montag nimmt unter anderem der Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, teil. Zu den Inhalten gab der Vatikan noch nichts bekannt.

 (DR)
Quelle:
KNA