"Es ist richtig, dass unsere Kirche geschlechtergerecht und machtsensibler sein muss als bisher", sagte Overbeck am Sonntag laut Redetext im Essener Dom. Es könne nicht weiter ignoriert werden, dass immer mehr Menschen der Kirche aus systemischen, existenziellen und spirituellen Gründen den Rücken kehrten.
Viele Menschen fänden heute keinen Zugang mehr zur Kirche und ihren Formen, sagte der Ruhrbischof. "Zu viel stammt wohl aus längst vergangenen Zeiten." Er frage sich deshalb immer mehr, wie es gelingen könne, "als Kirche neu zur Sprache zu bringen, was Christsein im Innersten ausmacht und bedeutet".
Synodaler Weg spiele große Rolle
Der Reformprozess der deutschen katholischen Bistümer, Synodaler Weg, spiele dabei eine große Rolle, erklärte Overbeck. Es gehe darum, glaubwürdig für Vertrauen zu werben, "gerade angesichts der grauenhaften Missbrauchsskandale" in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten. Bei dem Reformprozess gehe es nicht um Konkurrenz und Macht, "sondern um einen gemeinsamen Weg von Menschen, die sich im Glauben verbunden wissen, trotz allem, was sie unterscheidet".
Angesichts der Belastungen durch die Energiekrise und den Krieg in der Ukraine betonte der Bischof, die Gesellschaft stehe in der Pflicht, soziale Härten für viele Menschen möglichst abzufedern.
Sozialstaat muss gestärkt werden
Dafür müssten alle geeigneten Instrumente des Sozialstaates genutzt und gestärkt werden. Wichtig sei zudem ein nüchternes Eingeständnis, "dass nicht so schnell wieder alles gut werden wird", sagte der Theologe. Die kommenden Jahre würden weitere große Belastungen bringen, die nur gerecht und solidarisch bewältigt werden könnten. "Darauf müssen uns vorbereiten!"
Der Essener Bischof rief Christinnen und Christen dazu auf, laut und deutlich in der Öffentlichkeit für die Demokratie einzustehen. Ohne Demokratie gebe es keinen Sozialstaat, der Belastungen gerechnet und solidarisch auf starke wie auch schwache Schultern verteile. "Wir dürfen unseren Zusammenhalt nicht zersetzen lassen und niemals zulassen, dass das Vertrauen, das uns trägt, zerstört wird."