Neujahrspredigt des Essener Bischofs veröffentlicht

Missbrauch unter Deckmantel des Glaubens

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hält "grundsätzliche Missstände" in der katholischen Kirche für einen der Gründe für sexuellen Missbrauch. "Unter dem Deckmantel von Religion und Glauben sind Verbrechen begangen worden."

Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, hat die Hände gefaltet. / © Andre Zelck (KNA)
Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, hat die Hände gefaltet. / © Andre Zelck ( KNA )

Das schreibt Overbeck in seiner Neujahrspredigt, die das Bistum Essen am Donnerstag vorab veröffentlichte. "Diese sind nicht nur auf einzelne Priester hin zu erklären und zu verstehen, sondern haben auch Gründe, die mit dem gesamten Leben der Kirche zu tun haben." Overbeck hält seine Predigt am Sonntag im Neujahrsgottesdienst im Essener Dom.

Er selbst frage sich heute, warum er sich bis zum Jahr 2010, als der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche öffentlich wurde, dessen Ausmaß "nicht wirklich" habe vorstellen können, so der Bischof weiter. "Es beschämt mich zutiefst, was unter der Oberfläche des kirchlichen Lebens an Unheil geschah." Vor allem Begegnungen mit Missbrauchsbetroffenen hätten ihm die Augen geöffnet.

Studie soll im Februar veröffentlicht werden

Overbeck verweist auf eine Untersuchung zu sexuellem Missbrauch in seinem Bistum, die im Februar veröffentlicht werden soll. Die Studie des Münchner sozialwissenschaftlichen Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) werde "vermutlich in aller Schärfe und Deutlichkeit aufzeigen, welchen Entwicklungs- und Veränderungsbedarf es auch in unserem Bistum gibt".

Der Ruhrbischof spricht sich zudem für Reformen aus. Die Kirche dürfe nicht dem Verfall überlassen werden oder in eine "kleine scheinbar rechtgläubige Blase" verschwinden. Gleichzeitig warnt er: "Was manche um jeden Preis verteidigen oder um jeden Preis verändern wollen, das betrifft, wie ich feststelle, oft leider und nicht selten eher die äußere Form des Glaubens." Zwar müsse die Kirche unter anderem geschlechtergerechter werden; neben den Strukturen brauche es aber vor allem mehr Aufmerksamkeit für den spirituellen Kern des Glaubens."Ohne diesen Kern bleibt alles hohl und leer", so der Bischof. "Kirchliche Struktur und spiritueller Kern gehören existenziell zusammen."

Staat muss Aufarbeitung von Missbrauch in Kirche übernehmen

Die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will bei der Missbrauchsaufarbeitung der Kirche den Staat stärker in die Pflicht nehmen. "Die Verantwortlichen in der Kirche haben es aus eigener Kraft nicht geschafft, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Opfer und der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Antrag, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. "Deshalb muss der Staat im Sinne seines partnerschaftlichen Verhältnisses zur Kirche diese Verantwortung jetzt übernehmen."

Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA